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Gerling sucht neuen Eigner für Globale Rück

Posted By Herbert Fromme On 6. Februar 2003 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Achim Kann soll Mehrheit wieder aufgeben “ Bedenken der Finanzaufsicht BAFin “ Verhandlungen mit Castlewood

Von Herbert Fromme, Köln Die Führung der angeschlagenen Versicherungsgruppe Gerling sucht überraschend einen neuen Mehrheitseigner für den defizitären Rückversicherer Gerling Globale Rück (GGR). Verhandelt wird nach FTD-Informationen mit der Bermuda-Gesellschaft Castlewood Holdings, die schon als Berater für die Abwicklung des GGR-Geschäfts in den USA tätig ist.

Castlewood soll 80 Prozent der GGR-Aktien übernehmen, hieß es in Versicherungskreisen. An dem Unternehmen ist der US-Finanzier Christopher Flowers, der auch für die Bankgesellschaft Berlin bietet, mit einem Drittel aller Aktien und der Hälfte der stimmberechtigten Anteile beteiligt. Weitere Aktionäre sind der Großmakler Marsh & McLennan und das Castlewood-Management.

Der frühere Frankona-Chef Achim Kann, 65, hatte die GGR AG gerade mit Wirkung zum 1. Januar zu 100 Prozent übernommen. Er soll künftig nur noch 20 Prozent halten. Kann hat für die 100 Prozent noch nichts bezahlt, sondern sollte später aus möglichen Abwicklungsgewinnen mindestens 200 Mio. Euro an den Gerling-Konzern überweisen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) hat nach Angaben der Versicherungskreise signalisiert, dass sie der Übernahme durch Kann nicht zustimmen wird. Dabei geht es ihr nicht um Qualifikation und Charakter des Managers, die außer Frage stehen, sondern um seine knappen Finanzmittel. Kann hatte die GGR mittels der GmbH Lago Achte übernommen, die über ein Eigenkapital von gerade mal 25 000 Euro verfügt.

„Wir prüfen in solchen Situationen sehr genau“, sagte eine BAFin-Sprecherin. Zur laufenden Prüfung wollte sie nicht Stellung nehmen. „Wir sind in engem Kontakt mit der BAFin, um mögliche Probleme auszuräumen und nach Lösungen zu suchen“, sagte ein Gerling-Sprecher.

Gerling-Chef Heinrich Focke muss rasch eine Antwort finden, wenn nicht die ganze Gruppe irreparabel beschädigt werden soll. Wegen der ungeklärten Situation und der schwachen Kapitalausstattung hatte die Rating-Agentur Standard & Poor’s am Montag die Bewertung der wichtigen operativen Konzerngesellschaften Gerling Allgemeine und Gerling Leben von „A-“ auf „BBB“ gesenkt. Das trifft Gerling ins Mark: Großindustrie und Makler werden sich künftig sehr schwer tun, Risiken bei Gerling zu versichern.

Die Aktionäre Rolf Gerling und Deutsche Bank müssen deshalb dringend einen kapitalkräftigen Käufer für die Gruppe finden. Bisher hat nur der HDI ein Angebot vorgelegt, das zudem sehr niedrig war. Auch andere Investoren zeigen nur mäßiges Interesse. Haupthindernis für jeden Deal ist die GGR: Ihre Verluste und Altlasten sind der größte Belastungsfaktor für den Gesamtkonzern.

Der Versuch Fockes, die GGR als laufendes Unternehmen zu verkaufen, war im Oktober 2002 gescheitert. Deshalb verordnete er dem Rückversicherer die Schließung und Abwicklung des Hauptgeschäftsfelds Schaden-und Unfall-Rückversicherung. Mit 5,9 Mrd. Euro Prämieneinnahmen trug die GGR mehr als die Hälfte zum Gruppenumsatz bei. Auf der Suche nach einem Eigner, der bereit war zur Übernahme der GGR und so die Konzernbilanz entlasten konnte, verhandelte Focke schon einmal mit Castlewood. Allerdings schmeckten ihm und den Gerling-Aktionären nicht alle Bedingungen der Amerikaner. Außerdem glaubte er offenbar, dass Achim Kann als gestandener deutscher Rückversicherungsmanager eher die Zustimmung der BAFin finden würde.

Das ist nicht der Fall. Die BAFin will einen finanzkräftigen Investor für die GGR. Christopher Flowers und seine Castlewood haben in den Gesprächen mit der BAFin wegen der Bankgesellschaft Berlin offenbar einen positiven Eindruck in der Topetage der Behörde hinterlassen. Deshalb hat die BAFin offenbar keine Probleme mit einem Mehrheitsaktionär Castlewood.

Zitat:

„Wir sind in engem Kontakt mit der BAFin, um Probleme auszuräumen“ – Gerling-Sprecher

Bild(er):

Hauptverwaltung des Gerling-Konzerns im Kölner Friesenviertel. In der Chefetage wird immer noch über den Verkauf der Rückversicherungssparte verhandelt – Jürgen Schwarz.

Quelle: Financial Times Deutschland


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