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Kontrolleure wollen härter durchgreifen

Posted By Herbert Fromme On 11. Juni 2003 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Von Claudia Wanner, Doris Grass und Herbert Fromme, Bonn Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) blickt skeptisch auf die weitere Entwicklung im Finanzsektor. „Die Lage ist im Moment unsicher, wir müssen abwarten, wohin die Trends sich entwickeln,“ sagte BaFin-Präsident Jochen Sanio gestern auf der ersten Pressekonferenz der Bundesanstalt, die im Mai 2002 aus den früheren Aufsichtsämtern für das Kreditwesen, die Versicherungen und den Wertpapierhandel gebildet wurde. Für die Aufsicht nimmt Sanio in Anspruch, dass sie die Problemfälle in den drei Bereichen im Griff hat.

Der Schlüssel für die weitere Entwicklung sowohl der Banken als auch der Versicherer sei der Kapitalmarkt, sagte Sanio. „Wir hoffen alle, dass es nach oben geht, das würde beiden Branchen gut tun.“ Viel hänge auch von der konjunkturellen Entwicklung ab. Die schwache Konjunktur schlägt einerseits auf die Nachfrage nach Finanzprodukten durch, andererseits ist sie verantwortlich für die hohen Ausfallraten bei Krediten.

Die Versicherer seien von der Entwicklung der Aktienmärkte wie von einer Keule getroffen worden, sagte Sanio. Er hob hervor, dass sowohl Banken als auch Versicherer bereits entscheidende Schritte eingeleitet hätten. „Die Banken haben mit den Wertberichtigungen der vergangenen Jahre schon erstaunlich viel weggeputzt.“ Es sei aber zu früh, von einer Trendwende zu sprechen.

Auch Helmut Bauer, erster Direktor für die Bankenaufsicht, sieht weiterhin erhebliche Probleme bei den Instituten. Zwar zeigten sich in den Bilanzen des ersten Quartals schon die Früchte der Sparmaßnahmen des vergangenen Jahres. „Man darf die Zahlen des ersten Quartals sicher nicht überbewerten. Vieles ist noch zu tun“, sagte er.

Immerhin: Die Stresstests des Internationalen Währungsfonds haben die deutschen Banken bestanden. Zu den Szenarien, die in einem deutlich schwächeren Kapitalmarktumfeld durchgespielt wurden, gehörte beispielsweise ein Absturz der globalen Aktienmärkte um weitere 30 Prozent und eine Verschlechterung der Ausfallwahrscheinlichkeiten um 60 Prozent. „Die deutschen Banken haben sich auch unter solchen Bedingungen als erstaunlich belastbar erwiesen“, sagte Bauer.

Zur künftigen Aufteilung der Bankenaufsicht zwischen Bundesbank und BaFin dauerten die Gespräche an, sagte Sanio. Die Lösung werde die gute Verankerung der Bundesbank in der Fläche nutzen.

Die Aufsicht für den Wertpapierhandel hat mit einer wachsenden Zahl von Insiderfällen und Marktmanipulation zu kämpfen. Bis Ende Mai 2003 wurden 50 neue Untersuchungen eingeleitet, sagte der zuständige erste Direktor Georg Dreyling. Rechne man die bis jetzt aufgenommenen Verfahren auf das Gesamtjahr hoch, ergebe sich gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 25 Prozent auf 120 interne Untersuchungen. BaFin-Chef Sanio hat sich zum Ziel gesetzt, Marktpreismanipulationen konsequenter zu ahnden und den Rahmen für die Verhängung von Bußgeldern von bis zu 1,5 Mio. Euro voll auszuschöpfen, wenn die Schwere der Tat dies verlange. „Diese Institution wird beißen, solange ich hier Präsident bin“, warnte Sanio. Insgesamt hatte die BaFin rund 23 000 Beschwerden zu bearbeiten, von denen rund 25 Prozent erfolgreich waren.

Positive Neuigkeiten hatte Dreyling für die Fondsgesellschaften parat: Die Genehmigungsverfahren sollen drastisch gestrafft werden. Ziel ist die Zulassung innerhalb von einem Tag – wie in Luxemburg.

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Gestern vor der Presse in Bonn: BaFin-Präsident Jochen Sanio (2. v. r.), Sprecherin Sabine Lautenschläger (r.), BaFin-Vize Karl-Burkhard Caspari (2. v. l.) und Bankenaufseher Helmut Bauer – Frank Darchinger.

Quelle: Financial Times Deutschland


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