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Brüssel fordert Versicherer heraus

Posted By Anja Krüger On 18. September 2003 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Neue EU-Vorschriften „Solvency II“ verschärfen die Anforderungen an das Eigenkapital

Versicherer werden die übernommenen Risiken künftig weitaus stärker bei Produktgestaltung und Preisen berücksichtigen müssen als bisher. Dazu zwinge sie die für 2007 geplante Einführung neuer Solvabilitätsvorschriften, sagte Bernd Heistermann von der General Cologne Re auf einer Tagung des Rückversicherers. „Firmen mit wenig Kapital werden ihre Produkte ändern.“

Die Europäische Kommission will die bisherigen Vorschriften für das Eigenkapital von Versicherern ändern. Mit dem Projekt „Solvency II“ kommt auf die Assekuranz das zu, was den Banken mit Basel II bevorsteht. Für die Versicherer hängt von der Höhe des Eigenkapitals – des so genannten Solvenzkapitals – ab, wie viel Geschäft sie zeichnen dürfen.

Verfügen sie über ein hohes Eigenkapital, lässt die Aufsicht ein hohes Geschäftsvolumen zu. Sind die Eigenmittel gering, sind der Ausdehnung des Geschäfts Grenzen gesetzt.

Bislang orientiert sich der Bedarf der Versicherer an Eigenmitteln vor allem am Geschäftsvolumen. Versicherer mit großem Bestand an Verträgen brauchen also viel Eigenkapital, Gesellschaften mit einem kleinen wenig. Das soll sich ändern: Nach den Plänen der EU wird künftig der Bedarf an Eigenkapital von der Risikolage des jeweiligen Bestands des Versicherers abhängen.

Damit soll sichergestellt werden, dass die Unternehmen im Schadenfall auch in Leistung treten können. Die Versicherer müssen deshalb die Höhe ihres Eigenkapitals mit ihren tatsächlichen Risiken abgleichen. Viele Experten erwarten, dass sie deshalb ihre Eigenmittel verstärken müssen. „Es ist nicht sicher, ob der Kapitalbedarf der Unternehmen wirklich steigt“, sagte Rolf Ulrich, Vorstand der Münchener-Rück-Tochter Ergo. Viele Details seien noch nicht geklärt. „Es wird auch andere Methoden geben, um die Anforderungen zu erfüllen, zum Beispiel interne Risikomodelle“, sagte er.

Große Unternehmen haben in der Regel bereits eine breite Risikostreuung. Kleinere Gesellschaften werden stärker auf Rückversicherer setzen, an die sie Geschäft und damit das Risiko weitergeben, erwartet General-Cologne-Re-Experte Heistermann.

„Kapitalstarke Rückversicherer werden von dieser Entwicklung profitieren“, sagte er. Im vergangenen Jahr seien Lebensversicherer dazu übergegangen, weniger Geschäft an die Rückversicherer weiterzugeben. „Dieser Trend wird sich umkehren.“

Unternehmen mit geringer Eigenkapitaldecke werden Heistermanns Einschätzung nach ihre Produkte ändern und dem Risikomanagement einen größeren Stellenwert beimessen. Sachversicherer würden das individuelle Risiko eines Vertrages in den Preis noch mehr einfließen lassen, sagte der Branchenkenner.

Deshalb ist in einigen Bereichen mit deutlichen Preissteigerungen zu rechnen, etwa in der Industriehaftpflicht. „Es wird auch Risiken geben, die nicht mehr versicherbar sind, obwohl sie heute noch gezeichnet werden“, sagte er. Auf die Preise im privaten Massengeschäft wie Hausrat soll sich die Einführung nicht auswirken.

Zitat:

„Kapitalstarke Rückversicherer werden profitieren“ – Bernd Heistermann, General Cologne Re.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland


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