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Streit über Ausbildung von Vermittlern

Posted By Anja Krüger On 6. April 2004 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

EU-Richtlinie zwingt Vertreter und Assekuranz zur Einigung noch in diesem Jahr · Zoff um Qualifikationsnachweis

Von Anja Krüger, Köln Zwischen Versicherungswirtschaft und Vertreterverbänden ist ein Streit um die Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Versicherungsvermittlung entbrannt. Der Berufsverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) kritisierte ein Diskussionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums, das weitgehende Ausnahmen beim Sachkundenachweis von Vermittlern vor allem im Ausschließlichkeitsvertrieb vorsieht. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) dagegen begrüßt die Regelungen.

Die EU-Richtlinie muss bis Januar 2005 umgesetzt werden. Sie sieht einen stärkeren Verbraucherschutz vor. Dazu gehören eine Mindestqualifikation der Vermittler und ihr Eintrag in ein Register. Das Bundeswirtschaftsministerium hat den Verbänden ein Diskussionspapier für die Umsetzung zukommen lassen.

„Wenn der Inhalt des Diskussionspapiers durchgesetzt wird, sind die Gewinner die Versicherungsunternehmen und die Verlierer die Kunden“, sagte BVK-Geschäftsführer Wolfgang Schroeckh. Das Diskussionspapier des Ministeriums sieht vor, dass Vermittler die Erlaubnis zur Berufsausübung beim Gewerbeamt einholen müssen. Bislang müssen sie dem Amt nur mitteilen, dass sie als Vermittler tätig sind. Die Erlaubnis soll nur erteilt werden, wenn der Vermittler eine Berufshaftpflichtdeckung und Sachkunde nachweisen kann. Die Abnahme der Sachkundeprüfung soll durch die Industrie- und Handelskammern erfolgen, auch andere Nachweise wie ein Abschluss als Versicherungskaufmann werden anerkannt.

Das Diskussionspapier sieht aber zahlreiche Ausnahmen vor. So sollen Vertreter, die für einen einzigen Versicherer tätig sind, von der Erlaubnis der Gewerbeämter und damit dem Nachweis der Sachkunde befreit werden können. Die Unternehmen müssen für diese Vertreter unbegrenzt haften und sind verpflichtet, ihre Qualifikation zu überwachen. Das gilt nicht nur für hauptberufliche Vermittler, sondern auch für nebenberufliche.

„Ausschließlich Mehrfachagenten und Makler müssten eine Prüfung ablegen“, kritisierte BVK-Mann Schroeckh. Damit sei das Ziel der Richtlinie, mehr Verbraucherschutz, nicht zu erreichen. Fast alle nebenberuflichen Vermittler seien an ein Unternehmen gebunden, sie bräuchten keine Erlaubnis. „Dass für sie erheblich weniger Anforderungen gelten sollen als für unabhängige hauptberufliche Vermittler halten wir aus Gründen des Verbraucherschutzes für nicht angemessen.“

In Deutschland vermitteln nach Angaben des GDV 500 000 Personen Versicherungsverträge. Von ihnen sind 315 000 nebenberuflich tätig und 75 000 hauptberufliche Vertreter eines Unternehmens. Hinzu kommen schätzungsweise 8000 Makler, die im Auftrag des Kunden tätig sind, und 3000 Mehrfachagenten. Die übrigen sind „Untervertreter“. Sie haben keinen Vertrag mit einem Versicherer, sondern mit einem Vertreter.

Auch nach Auffassung von Verbraucherschützern sieht das Diskussionspapier des Ministeriums zu viele Ausnahmen beim Nachweis der Sachkunde vor. „Es wäre sinnvoll, dass für alle Vermittler dieselben Anforderungen gelten“, sagte Wolfgang Scholl von dem Verbraucherzentrale Bundesverband. „Es gibt eine Wettbewerbsverzerrung durch unterschiedliche Ausbildungsanforderungen.“ Er kritisierte, dass alle Vermittler mit vier Jahren Berufserfahrung und Untervermittler keinen Sachkundenachweis erbringen müssen.

Die Versicherungswirtschaft dagegen ist mit den vorgeschlagenen Regelungen zufrieden. „Wir sind grundsätzlich mit dem Diskussionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums sehr einverstanden“, sagte Ralf Bolle vom GDV. Im Gegensatz zum BVK begrüßt der Verband die Regelung zur Erlaubnisbefreiung von gebundenen Vertretern ausdrücklich.

Dies widerspreche der Idee des Verbraucherschutzes nicht. „Die Ausbildung dieser Vermittler fehlt gerade nicht“, sagte Bolle. Sie müssten zwar beim Gewerbeamt keine Sachkunde nachweisen. Aber die Versicherer seien gesetzlich verpflichtet, sie zu qualifizieren. Seit 1991 haben nach Bolles Angaben 114 000 Personen eine Prüfung zum Versicherungsfachmann oder -frau beim Berufsbildungswerk der Versicherungswirtschaft bestanden.

Zitat:

„Wir sind mit dem Diskussionspapier einverstanden“ – Ralf Bolle, GDV

Bild(er):

Nicht alle Versicherungsvermittler sollen nach Umsetzung der EU-Richtlinie eine Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer ablegen – Joker/David Ausserhofer

Quelle: Financial Times Deutschland


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