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Manager verursachen Schadenwelle

Posted By Anja Krüger On 19. Juli 2004 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Konzerne schieben Fehlentscheidungen der Assekuranz zu · Versicherer heben die Preise für Haftung stark an

Von Anja Krüger, München Auf die Assekuranz kommt eine große Schadenwelle zu. Deutsche Unternehmen strapazieren ihre Managerhaftpflichtversicherungen, die so genannte D&O (Diretors and Officers)-Deckung, ausgesprochen stark. „Jede zehnte D&O-Police ist von einer Schadenmeldung betroffen“, sagte der Versicherungsmakler Michael Hendricks bei einer Fachkonferenz in München. Zurzeit gibt es in Deutschland etwa 10 000 solcher Policen. Zehn Prozent davon betreut das Maklerunternehmen Hendricks & Partner. Nach Hendricks Einschätzung sind die Hälfte der gemeldeten Schäden echte Versicherungsfälle.

Mit der Managerhaftpflicht sichern Unternehmen ihr Führungspersonal gegen Ansprüche ab, die aus deren Berufstätigkeit entstehen. Dabei wird unterschieden zwischen der so genannten Innenhaftung, bei der das Unternehmen selbst den Manager wegen Fehlentscheidungen haftbar macht, und der Außenhaftung. Bei beidem geht es um hohe Summen. Bekannt ist der Fall des DaimlerChrysler-Chefs Jürgen Schrempp wegen angeblicher Täuschung von Aktionären bei der Fusion von Daimler und Chrysler. Daimler zahlte den Anteilseignern 300 Mio. $, davon waren 200 Mio. $ versichert. Die Lufthansa will von Versicherern 250 Mio. Euro, weil der inzwischen gefeuerte Manager der Tochter Sky Chefs schlechte Verträge abgeschlossen hatte. Die Versicherer weigern sich zu zahlen.

Von den gemeldeten Ansprüchen deutscher Unternehmen betreffen 90 Prozent die Innen- und nur zehn Prozent die Außenhaftung, sagte Hendricks. „Unternehmen versuchen jede entfernte Fehlentscheidung als Fall für die D&O-Police zu deklarieren.“ Bei Firmenpleiten greifen die Insolvenzverwalter gern auf die Versicherer zurück.

Entsprechend lehnen die Versicherer die Hälfte aller Schadenmeldungen ab. Trotzdem müssen viele weit mehr Geld für Schäden ausgeben, als sie an Prämien einnehmen. Das Prämienvolumen des deutschen D&O-Marktes liegt bei 300 Mio. bis 350 Mio. Euro im Jahr. Hendricks schätzt den Aufwand für die in den vergangenen zwei Jahren gemeldeten Schäden auf 2 Mrd. Euro. 2004 stehen noch mindestens drei Großschäden ins Haus, erwartet er. Einer davon beruht auf Ansprüchen gegen die EM.TV-Manager.

Vom hohen Schadenaufkommen betroffen seien vor allem amerikanische Anbieter und die Allianz, berichtete er. Der Markt werde sich sehr bald konsolidieren: „In fünf Jahren wird es vielleicht noch eine Hand voll Anbieter geben.“ Zurzeit zählt er 16.

Die Versicherer haben schon im vergangenen Jahr die Preise stark angehoben. Das wollen sie auch in der diesjährigen Erneuerungsrunde für die Verträge. „Die Versicherer versuchen für den Mittelstand eine Preiserhöhung von zehn Prozent durchzusetzen“, sagte Hendricks. Diese Kunden sähen aber nicht ein, dass sie für Großschäden aufkommen, die vor allem von Konzernen verursacht werden. Für die Großunternehmen beginnen die Preiserhöhungen jetzt bei 30 Prozent. „Das geht bis zur Verdreifachung der Preise.“

Zitat:

„Jede zehnte D&O-Police ist von einer Schadenmeldung betroffen“ – Michael Hendricks, Versicherungsmakler

Bild(er):

Für die Fehlentscheidungen von DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp zahlt die Versicherung – Phalanx/Thomas Imo

Quelle: Financial Times Deutschland


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