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Converium zapft den Finanzmarkt an

Posted By Herbert Fromme On 23. Juli 2004 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Rückversicherer will mit der Emission von Aktien und Zwangsanleihen seine Bilanzlücken stopfen

Von Herbert Fromme, Köln Der angeschlagene Schweizer Rückversicherer Converium will nach Informationen der FTD bis Ende September 400 Mio. $ frisches Geld von den Kapitalmärkten holen, um seine Bilanzlücken zu stopfen. Nach Angaben aus Finanzkreisen sind eine Kapitalerhöhung über 200 Mio. $ und eine Zwangswandelanleihe über weitere 200 Mio. $ wahrscheinlich. Der Rückversicherer wollte dies nicht kommentieren. Ein Sprecher verwies auf die Veröffentlichung der Quartalszahlen am Dienstag. Dann will der Konzern auch über Kapitalmaßnahmen unterrichten.

Die Veröffentlichung eines riesigen Aufstockungsbedarfs bei den Schadenreserven hatte am Dienstag zu einem Kursverlust der Converium-Aktie von 46 Prozent geführt. Am Mittwoch setzte sich der Preisverfall mit weiteren elf Prozent fort. Gestern gab der Aktienkurs um 11,7 Prozent auf 29,15 Euro nach. Um rund 400 Mio. $, also der Summe, die man jetzt einnehmen will, muss der Rückversicherer die Schadenreserven erhöhen. Converium hatte die Reserven für Schäden aus US-Haftpflichtdeckungen in den Jahren 1997 bis 2001 zu niedrig angesetzt.

Eine Zwangswandelanleihe gilt bei Rating-Agenturen und Analysten als Eigenkapital, da das ausgebende Unternehmen am Ende der Laufzeit automatisch in Aktien tilgt. Ihr Vorteil ist, dass sie nicht schon bei Begebung den Aktienbestand erhöht und die Gewinne verwässert. Dieser Schritt führt außerdem zu Abschreibungen auf künftige Steuerersparnisse und bilanzierte Unternehmenswerte (Goodwill) in Höhe von 289 Mio. $ und 94 Mio. $. Dies schmälert das Eigenkapital zusätzlich, bedeutet aber keinen Kapitalabfluss.

Converium dürfte am kommenden Dienstag einen Quartalsverlust von rund 650 Mio. $ bekannt geben und auch im Gesamtjahr 2004 einen Verlust ausweisen – obwohl die Preise für Rückversicherung so hoch sind wie seit Jahren nicht mehr. Im ersten Quartal 2004 hatte der Rückversicherer, der zu den zehn größten der Welt gehört, noch 66 Mio. $ Gewinn gemeldet.

Die Zeit für Converium drängt, die Kapitalmaßnahmen durchzuziehen. Mitte September trifft sich die Rückversicherungsbranche mit ihren Kunden aus der Erstversicherung in Monte Carlo, um die ersten Verhandlungen über die Rückversicherungsverträge für das Jahr 2005 zu führen. „Bis dahin müssen die Kapitalschritte unter Dach und Fach sein, sonst kann Converium die Erneuerung der Verträge für 2005 vergessen“, sagte ein Konkurrent.

Denn ohne Stärkung des Kapitals läuft Converium Gefahr, von den Rating-Agenturen weiter herabgestuft zu werden. Standard & Poor’s hatte den Rückversicherer bereits von „A“ auf „A-“ mit „negativem Ausblick“ herabgesetzt. „Converium muss alles versuchen, um das jetzige Rating zu halten“, sagte Analyst James Quin von Lehman Brothers in London. „BBB wäre ein schwerer Schlag.“

Quin geht davon aus, dass Anleger die Kapitalmaßnahmen „zähneknirschend“ unterstützen werden. „Sie haben keine andere Wahl. Ohne Kapitalschritte geht das Rating runter, und die Aktie verliert noch mehr an Wert.“ Allerdings werde es „sehr viele Fragen“ an das Management geben. „Es muss geklärt werden, ob die 400 Mio. $ jetzt plötzlich aufgetaucht sind oder ob das Management die Probleme nicht früher hätte erkennen können“, sagte Quin. Schließlich sei wichtig, ob damit alle Probleme gelöst seien oder weitere ins Haus stünden.

Im Rückversicherungsmarkt wird erwartet, dass Unternehmenschef Dirk Lohmann unter Druck gerät. Die Gruppe entstand 2001 durch die Abspaltung des Rückversicherungsgeschäfts der Zurich Financial Services, das als Zurich Re firmierte. Lohmann spielte die entscheidende Rolle in der Bildung Converiums.

Neben den Kapitalschritten will Converium die Risiken deutlich verringern, etwa durch die Senkung der Aktienquote im Portefeuille.

Bild(er):

Steht durch die Schieflage bei den Schadenreserven stark unter Druck: Converium-Chef Dirk Lohmann zapft nun den Markt an – Edgar R. Schoepal

Quelle: Financial Times Deutschland


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