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Converium streicht fast jede fünfte Stelle

Posted By Herbert Fromme On 2. März 2005 In Archiv | No Comments | Drucken

Der angeschlagene Schweizer Rückversicherer Converium streicht 140 von 650 Stellen. Gleichzeitig gab der neue Konzernchef Terry Clarke gestern einen Jahresverlust von 761 Mio. $ für 2004 bekannt. Der Fehlbetrag fiel noch höher aus als befürchtet. 2003 hatte Converium 185 Mio. $ Gewinn gemacht. Die Aktie fiel gestern um 2,7 Prozent auf 10,97 Franken.
Von den Streichungen ist der Hauptsitz Zürich mit 79 Stellen betroffen, Köln mit bis zu 35, andere Büros mit 29 Stellen. Clarke erwartet, dass rund 60 Stellen durch Fluktuation, Ruhestand oder Vorruhestand abgebaut werden, für die übrigen, also für mehr als die Hälfte, sind Kündigungen wahrscheinlich.
„Wir müssen unsere Kosten an die niedrigeren Prämieneinnahmen anpassen“, sagte Clarke, der am vergangenen Donnerstag den entlassenen Dirk Lohmann ersetzt hatte. Converium hat das Neugeschäft in den USA weitgehend aufgegeben und erwartet für 2005 Prämieneinnahmen von etwas mehr als 2 Mrd. $ – 2003 waren es 4,22 Mrd., im Krisenjahr 2004 3,84 Mrd. $. Die Dividende fällt für 2004 aus.
Als kurzfristiges Hauptziel nannte Clarke die Verbesserung der Beurteilung durch die Rating-Agenturen. Nach den schweren Turbulenzen 2004 stufte Standard & Poor’s Converium auf „BBB“ zurück, erst nach einer Kapitalerhöhung von 420 Mio. $ gab es wenigstens ein „BBB+“. Aber selbst das ist vielen Kunden zu wenig – die Erstversicherer und Großunternehmen, die bei Rückversicherern ihre Risiken abdecken, suchen finanzielle Sicherheit. Converium braucht dringend ein Rating im „A“-Bereich.
Dafür ist das Unternehmen auch bereit, eine Überkapitalisierung hinzunehmen. Converium hat nach der jüngsten Kapitalerhöhung Eigenkapital und Anleihen mit Eigenkapitalcharakter von 2,11 Mrd. $. „Bei Prämieneinnahmen von 2 Mrd. $ sind wir damit in jeder Hinsicht überkapitalisiert“, sagte Clarke. Damit hat es Converium sehr schwer, eine ordentliche Dividende für die Aktionäre zu erwirtschaften. „Wir müssen da eine Balance finden“, sagte er.
Der 63-jährige Clarke sitzt seit 2002 im Verwaltungsrat und ging nach dem Aufdecken der Löcher in den Reserven Mitte 2004 zusätzlich ins Management. Er sieht seine Rolle offenbar eher als Sanierer, während der in der Branche sehr bekannte Lohmann der erste Verkäufer von Converium war. „Ich kann vielleicht nicht so gut reden wir Dirk Lohmann, aber ich habe andere Qualitäten“, sagte Clarke, der eine lange Karriere als Manager und Berater in der Assekuranz hinter sich hat. Eine direkte Verantwortung des Verwaltungsrates für die Krise sieht er nicht. „Da ist man auf die Informationen, die einem vorgelegt werden, angewiesen.“
Converium hatte Mitte 2004 entdeckt, dass die Schadenreserven für US-Haftpflichtverträge aus den Jahren 1997 bis 2001 viel zu niedrig waren. Wie viele andere Rückversicherer hatte der Converium-Vorgänger Zurich Re damals Risiken zu äußerst niedrigen Preisen abgedeckt und auf Aktiengewinne gehofft, die das Defizit aus dem eigentlichen Versicherungsgeschäft ausgleichen würden. Die Börsenbaisse zerstörte diese Hoffnungen. Jetzt präsentieren die Converium-Kunden die Schadensabrechnungen, vor allem aus lang laufenden Berufshaftpflichtrisiken.
Lohmann wurde zum Verhängnis, dass er jahrelang bei Kunden und Investoren damit geprahlt hatte, dass Converium anders als die Konkurrenz kaum Altlasten habe. Für solche Altlasten musste Converium 2004 insgesamt 578 Mio. $ aufwenden. Außerdem hatte das Unternehmen noch steuerliche Verlustvorträge in den USA, die es jetzt wohl nicht mehr nutzen kann.
Zur Dauer seiner Amtszeit sagte Clarke, er sei angetreten, Converium zum Erfolg zu führen. Er wolle aber nicht noch mit 80 da sitzen. „Ich bleibe, solange es richtig ist.“ Converium wolle nach Aufgabe des US-Geschäfts als eigenständiger Rückversicherer weiter arbeiten. Eine Übernahme schloss der neue Chef aber nicht aus. „Jedes Unternehmen kann zum Übernahmekandidaten werden“, sagte er. „Wenn wir angesprochen werden, müssen wir das im Interesse unserer Aktionäre sehr ernsthaft prüfen.“

Quelle: Financial Times Deutschland


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