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Münchener Rück fürchtet US-Risiken

Posted By Herbert Fromme On 7. März 2005 In Archiv | No Comments | Drucken

Die Münchener-Rück-Tochter American Re gibt das direkt mit US-Großindustrie und Gewerbe abgeschlossene Haftpflichtgeschäft komplett auf. Die Risiken seien zu hoch und die Preise zu niedrig, wird der Schritt in einem internen Dokument der Konzerntochter Munich American Risk Partners (MARP) in Princeton begründet.
Das Haftpflichtgeschäft der Abteilung Global Risk Management (GRM) werde mit sofortiger Wirkung eingestellt, heißt es in der Mitteilung an die Mitarbeiter. Die Abteilung hat die 2000 größten US-Unternehmen als Zielgruppe. „Die Unternehmensleitung kam nach einer ausführlichen Untersuchung der Marktbedingungen und unserer versicherungstechnischen Ergebnisse zu dem Schluss, dass dies Geschäft keine ausreichenden Gewinne generieren kann“, schreibt das Management.
Die Münchener Rück und ihre Tochter American Re stellen in der Regel Rückdeckungen für andere Versicherer bereit, die als Erstversicherer direkt mit Endkunden Geschäfte machen. Über den Spezialversicherer MARP hat aber auch die Münchener Rück Geschäftsbeziehungen zu Industrie- und Dienstleistungskonzernen, in der Regel über Makler.
Der Teilrückzug der Münchener Rück zeigt, dass sich der Markttrend für die Industriehaftpflicht in den USA scharf gegen die Versicherer gedreht hat, nachdem es nach den Terroranschlägen des 11. September zu kräftigen Preiserhöhungen gekommen war. Nun fallen die Preise dramatisch, während die Schadenansprüche steigen. Neben Altlasten aus Asbest- und Umweltschäden drücken Probleme mit Pharma- und anderen Produkten sowie hohe Ansprüchen aus der Managerhaftpflicht auf die Ergebnisse.
Obwohl das GRM-Geschäft in letzter Zeit nach den kurzfristigen Preiserhöhungen im Markt profitabler geworden sei, lasse sich das nicht mittelfristig aufrechterhalten, schreibt die MARP-Unternehmensleitung. Die Manager nennen zwei Hauptgründe für den Rückzug. „Unsere Kunden sind große Konzerne, die wegen ihres angeblichen Reichtums das Ziel von zahlreichen Schadensersatzprozessen sind“, heißt es. Zudem seien die Haftpflichtschäden in diesem Segment in der Regel sehr groß und unvorhersehbar. Wenn es denn gelinge, trotzdem eine adäquate Prämie zu kalkulieren, werde sie von den Kunden selten akzeptiert.
Das aufgegebene Geschäftsvolumen beläuft sich nach Angaben einer Sprecherin auf 136 Mio. $. Insgesamt nahm MARP im Jahr 2004 Bruttoprämien von 962 Mio. $ ein.
Das Unternehmen war in den letzten Monaten oft in den Schlagzeilen, weil New Yorks Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer es in seiner Klageschrift gegen den Makler Marsh wegen Provisionsschneiderei und Angebotsbetrug als beteiligten Versicherer genannt hatte. MARP ist bisher aber nicht angeklagt worden.
Das Sachversicherungsgeschäft mit den Großkunden will MARP weiterführen. Dabei handelt es sich um Feuer- oder Maschinenschadendeckungen, die der Versicherte selbst erleidet – die jetzt eingestellte Haftpflichtversicherung deckt Ansprüche von Dritten gegen die Kunden ab.
Marktkreise in den USA erwarten, dass die Münchener Rück im vierten Quartal für Altlasten aus dem jetzt aufgegebenen Segment erhebliche Rückstellungen vornehmen musste. Einzelheiten will der Rückversicherungskonzern am 15. März nennen. Bereits bekannt ist, dass der weltgrößte Rückversicherer 2004 einen Rekordgewinn von rund 1,8 Mrd. Euro erzielt hat.

Quelle: Financial Times Deutschland


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