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Eine zweischneidige Sache

Posted By Anja Krüger On 20. September 2005 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Kostendruck zwingt viele Kliniken zum Auslagern · Nicht alle sind mit dem Service zufrieden

Die deutschen Krankenhäuser stecken in einem Dilemma. Der ökonomische Druck steigt, und um wirtschaftlicher arbeiten zu können, müssen sie investieren. Für neue Küchen oder Reinigungsgeräte fehlt ihnen aber das Geld. Einen Ausweg aus der Misere versprechen Klinikdienstleister: Sie werben damit, dass sie Reinigung, Essensversorgung oder logistische Aufgaben billiger und besser erledigen.

Der Klinikmarkt steht vor weiteren enormen Veränderungen. Die Einführung des neuen Abrechnungssystems nach Fallpauschalen verschärft den Wettbewerbsdruck. Immer mehr Häuser werden fusionieren, sind sich Experten sicher, und von der Abfallwirtschaft bis zur Zentralsterilisation alles für ein Outsourcing in Betracht ziehen, was nicht zum Kerngeschäft gehört.

„Wir bemerken eine verstärkte Abfrage von allen Dienstleistungen“, sagt Manfred von Krüchten vom Klinikdienstleister Zehnacker. Das Unternehmen gehört neben den Anbietern Klüh und Schubert zu den Großen der Branche.

Die Geschäfte der Klinikdienstleister laufen gut. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Interconnection Consulting Group haben sie im vergangenen Jahr einen Umsatz von 6,3 Mrd. Euro erwirtschaftet. Die Anbieter putzen und kochen für Kliniken, sterilisieren Operationsbesteck, pflegen Parkanlagen, managen die Poststelle und organisieren den Schreibdienst.

Schätzungsweise 80 Prozent der Kliniken haben die Reinigung ausgelagert, 30 bis 40 Prozent die Speiseversorgung. Das Klinikum rechts der Isar in München hat 1996 mit der Auslagerung begonnen. Vier verschiedene Dienstleister sind für die Säuberung der Gebäude, das Catering, Transporte und die Wäsche verantwortlich. „Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht“, sagt Einkaufsleiterin Ursula Kaiser.

Andere bereuen indes ihre Entscheidung für eine Auslagerung. Nach einer Studie des Münsteraner Instituts für Krankenhausmanagement halten 40 Prozent der Kliniken das Outsourcing nachträglich für einen gravierenden Fehler. In vielen Häusern denken die Verantwortlichen über ein Re-Sourcing nach.

„Häufig kommt es nicht zu den vorgesehenen Kosteneinsparungen, weil der Partner plötzlich zusätzliche Leistungen berechnet“, sagt Institutsleiter Wilfried von Eiff. Das kommt zum Beispiel dann vor, wenn eine Klinik eine größere Menüvielfalt verlangt, als der Dienstleister bei der Preiskalkulation vorgesehen hat. „In vielen Fällen gibt es beim Outsourcing Managementprobleme“, sagt von Eiff. Die Vertragspartner vergessen oft, den Leistungskatalog exakt zu definieren. Nach schlechten Erfahrungen aber eine Aufgabe wieder selbst zu übernehmen, ist schwierig. Ist die Küche einmal komplett abgebaut, wird die Neuanschaffung teuer.

Die Dienstleister müssen zudem Umsatzsteuer zahlen, die sie ihren Auftraggebern in Rechnung stellen. Gründen die Kliniken aber mit den Anbietern gemeinsame Gesellschaften, an denen die Häuser die Mehrheit halten, entfällt die Umsatzsteuerpflicht.

„Solche Servicegesellschaften haben einen umfassenden Ansatz“, sagt Zehnacker-Manager von Krüchten, dessen Unternehmen bereits mit 30 Kliniken eine solche Gesellschaft gegründet hat. „Wir sind Partner der Kliniken, wir gehen eine Symbiose ein.“ Das Krankenhaus bekomme nicht einfach eine Rechnung, sondern könne die Kosten kontrollieren. Dieses Modell werde in Zukunft immer populärer, sagt von Krüchten. Auch Konkurrent Klüh setzt darauf. Das Unternehmen hat bislang mit 25 Kliniken ähnliche Gesellschaften ins Leben gerufen.

Ein großes Problem für die Anbieter: Das Tarifgefüge im Kliniksektor ist in Bewegung. Die Krankenhäuser wollen die Bezahlung für Hilfskräfte drastisch senken. „Wenn das kommt, hat der Dienstleister keine Chance, billiger zu sein. Er muss besser sein“, sagt Hans Lumma von Klüh.

Auch die anstehenden Klinikfusionen, die das Outsourcing vorantreiben, stellen die externen Anbieter vor Probleme. Denn Träger mit vielen Häusern setzen immer stärker auf eigene Lösungen. Die private Klinikkette Helios zum Beispiel, die zurzeit 24 Häuser betreibt, hält nicht viel von externen Dienstleistern. „Grundsätzlich gilt, dass wir in Kliniken, die wir übernehmen, Dienstleistungen, die an Externe vergeben wurden, wieder in unseren Konzern zurückholen“, sagt Geschäftsführer Bert Uwe Drechsel.

Die Unternehmenstochter Helios Services ist beispielsweise für die Reinigung und die Speiseversorgung zuständig. „Uns ist wohler, wenn wir die Dinge selber erledigen und damit auch die Qualität selbst steuern können“, sagt Drechsel. „Die Reinigung, etwa im OP-Bereich, oder die diätische Essenszubereitung stellen besondere Anforderungen, die wir selbst besser einschätzen können, als es ein externer Dienstleister kann.“

Zitat:

„In vielen Fällen gibt es beim Outsourcing Management- probleme“ – Wilfried v. Eiff, Institut für Krankenhaus-management

Bild(er):

Die Sterilisation von Operationsbesteck ist eine der Aufgaben, die Krankenhäuser aus Kostengründen an externe Dienstleister abgeben – Gettyimages/Kevin Candland; Gettyimages/Peter Dazeley

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland


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