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Talanx verschiebt Börsengang

Posted By Herbert Fromme On 15. Dezember 2005 In Archiv,RTF Import | No Comments | Drucken

Versicherungskonzern will frühestens 2009 an den Markt · Hurrikans belasten Jahresergebnis

Von Herbert Fromme, Hannover Die Talanx-Versicherungsgruppe hat ihren seit zwei Jahren ins Auge gefassten Börsengang weit in die Zukunft verschoben und von weiteren Großübernahmen abhängig gemacht. „Solange wir kein Geld brauchen, gehen wir nicht an die Börse“, sagte Vorstandschef Wolf-Dieter Baumgartl am Dienstagabend vor Journalisten. „Der Börsengang der Talanx ist 2006 und 2007 höchst unwahrscheinlich und 2008 unwahrscheinlich“, sagte er. Die gerade vollzogene Übernahme des Gerling-Konzerns könne Talanx aus vorhandenen Mitteln finanzieren. Allerdings soll dieser Zukauf nicht der letzte sein. „Wir werden den Radarschirm für Akquisitionen nicht ausschalten“, sagte Baumgartl.

Die Holdinggesellschaft Talanx gehört heute dem Haftpflichtverband der Deutschen Industrie. Das ist ein kleiner Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit 0,3 Mio. Euro Prämie, in dem die Industriekunden der Talanx-Gruppe Mitglied sind. Die operativen Versicherer hängen alle an der Talanx.

Baumgartl hatte den geplanten Börsengang des Konzerns in den Vorjahren damit begründet, dass Talanx Zugang zum Kapitalmarkt brauche, um künftiges Wachstum finanzieren zu können. Die 51-Prozent-Tochter Hannover Rück, der größte Umsatzträger der Gruppe, ist bereits börsennotiert.

Zur Übernahme der Gerling Allgemeine und Gerling Leben nannte Baumgartl keine Einzelheiten. Beim Preis sei Stillschweigen veröffentlicht worden, „alle bisher veröffentlichten Spekulationen sind falsch“. In Versicherungskreisen wird von einem Preis von über 1,3 Mrd. Euro ausgegangen – abzüglich von knapp 600 Mio. Euro Pensionslasten, die bisher beim Verkäufer Gerling-Holding lagen und jetzt von den verkauften Töchtern getragen werden.

Ein Integrationsausschuss soll am 10. Januar 2006 seine Arbeit aufnehmen. Ihm gehören ein Gerling-Manager, der Finanzchef Immo Querner, und fünf Talanx-Vorstände an. Neben Baumgartl sind das Finanzchef und Kronprinz Herbert Haas sowie Christian Hinsch, Hans Löffler und Werner Dettmer. Ergebnisse werde es wohl im April geben. Für das Frühjahr rechnet Baumgartl auch mit dem Closing der Transaktion. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat bereits zugestimmt, aber das Kartellamt und eine Reihe ausländischer Versicherungsaufseher, darunter die in New York, Australien und Polen, müssen noch Ja sagen.

Die Marke Gerling soll erhalten bleiben, möglicherweise „in dem einen oder anderen Bereich“ auch allein. Gerling sei als Marke oft besser gewesen als die Gesellschaft.

In der Schaden- und Unfallversicherung werde Talanx mit 4,2 Mrd. EuroPrämie von Platz neun auf Platz zwei im deutschen Markt vorrücken – nach der Allianz mit 11,2 Mrd. Euro und vor der Münchener-Rück-Tochter Ergo mit 3,5 Mrd.Euro. In der Lebensversicherung schiebt sich Talanx von Platz acht auf Platz vier.

Zu den erwarteten Synergieeffekten und möglichen Arbeitsplatzverlusten schwieg sich Baumgartl aus. Es gebe zwar eine Zahl für die angestrebten Synergien, die aus Kostensenkung und zusätzlichen Erträgen stammen sollen. „Wir sehen aber kein öffentliches Interesse, das zu befriedigen unsere Aufgabe wäre.“ Versicherungskreise sprechen von einem Einsparziel von 250 Mio. Euro jährlich innerhalb von vier Jahren und 1500 bis 2000 Stellenstreichungen. Das seien pure Spekulationen, sagte Baumgartl.

Er kündigte an, dass Talanx und Postbank in der ersten Jahreshälfte über ihre Kooperation sprechen wollen. Sie betreiben gemeinsam die PB Lebensversicherung. Allerdings gehört der Bank nach der Übernahme von BHW jetzt ein weiterer Lebensversicherer, die BHW Leben. Zu einem vertretbaren Preis könne sich Talanx den Kauf der BHW Leben vorstellen.

Das Ergebnis 2005 wurde durch die Hurrikans in Nordamerika stark getroffen, die zu einer Belastung von 838 Mio. Euro führten, fast alles beim Rückversicherer Hannover Rück. „Unser Ziel eines operativen Ergebnisses von mehr als 1 Mrd. Euro haben wir klar verfehlt“, sagte Baumgartl. Das Ebit ging von 960 Mio. Euro auf 420 Mio.Euro zurück. Das Ergebnis zeige aber, dass der Konzern jetzt wetterfest sei.

Zitat:

„Wir werden den Radarschirm nicht abschalten“ – Talanx-Chef Baumgartl –

Bild(er):

Die Hurrikans in den USA, hier „Katrina“, drückten den Gewinn von Talanx in diesem Jahr. Nun sieht sich der Konzern aber als „wetterfest“ – AP/Rob Carr

Quelle: Financial Times Deutschland


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