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Allianz verliert weiter Kunden

Posted By Herbert Fromme On 25. April 2006 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Privater Krankenversicherer leidet unter politischer Unsicherheit und „Bankjahr“

Von Herbert Fromme, München Die Allianz Private Krankenversicherung (APKV) rechnet für 2006 mit einem weiteren Rückgang der Kundenzahl in der Kernsparte Krankheitsvollversicherung. „In der Vollversicherung werden wir die Versichertenzahl nicht unbedingt halten“, sagte Vorstandschef Ulrich Rumm.

Für die Gesamtzahl der Voll- und Zusatzversicherten strebt Rumm an, die gegenwärtige Zahl von 2,4 Millionen Kunden – ein Minus von 0,2 Prozent – zumindest zu halten. Dazu kommen noch 2,5 Millionen Auslandsreisepolicen.

Deutschlands drittgrößter Krankenversicherer hat 2005 in allen Kategorien Kunden verloren. Da der Markt insgesamt zulegte, hat das Unternehmen wie schon seit Jahren erneut Marktanteile eingebüßt.

Das Neugeschäft der APKV hatte jahrelang unter ihrer rigiden Schadenspraxis zu leiden, die bei Kunden und Maklern Unwillen hervorrief. Das wirkt noch heute nach. Das Empfehlungsverhalten der Kunden könne man nicht „wie mit dem Lichtschalter umlegen“, sagte Rumm.

Besonders weh tut der APKV der negative Trend in der Vollversicherung. Dort ging die Zahl der Versicherten von 778 000 auf 769 000 zurück. Rumm sagte, die APKV sei ein altes Unternehmen, da stürben mehr Kunden als bei anderen Krankenversicherern. Außerdem verliert sie viele junge Menschen, die als Kinder privat versichert waren und bei Eintritt in das Studium oder das Berufsleben in die gesetzliche Versicherung müssen.

Laut Gesetz dürfen nur Angestellte, die mehr als die Versicherungspflichtgrenze von 3937,50 Euro im Monat verdienen, die gesetzlichen Krankenkassen verlassen und sich privat versichern. Bei Beamten und Selbstständigen gibt es keine Einkommensgrenze.

Das gesteigerte APKV-Neugeschäft von 31 000 Verträgen in der Vollversicherung reichte nicht aus, um die Abgänge wettzumachen. Rumm machte dafür einerseits die negativen Vorgaben aus der Politik veranwortlich, die zur Verunsicherung potenzieller Neukunden führten, anderseits das „Bankjahr“ des Allianz-Konzerns. Das hatte Konzernchef Michael Diekmann ausgerufen, und die Versicherungsvertreter mussten vermehrt Bankprodukte absetzen.

Der Absatz über die 1000 eigenen Vertreter und die Makler sei gestiegen, der über die Vertreter der Allianz Versicherung und der Dresdner Bank gesunken, sagte Rumm. „Sie wissen, wir hatten im vergangenen Jahr das Bankjahr. Das heißt, die Vertriebskapazitäten wurden auf Bankprodukte konzentriert.“ Damit gab zum ersten Mal ein führender Allianz-Manager zu, dass der Absatz von Tankkarten und Bankkonten dem Neugeschäft in der Versicherung geschadet hat.

Dass die APKV trotzdem ihre Beitragseinnahmen um 0,7 Prozent auf 3,04 Mrd. Euro steigern konnte, ist vor allem der Preiserhöhung von durchschnittlich 2,5 Prozent zuzuschreiben. Das Kapitalanlageergebnis ging leicht von 664 Mio. Euro auf 631 Mio. Euro zurück, den Jahresüberschuss erhöhte die APKV von 60 Mio. Euro auf 65 Mio. Euro.

Für 2006 rechnet Rumm mit einem Prozent Wachstum bei den Beitragseinnahmen, die Preise seien im Schnitt zur Jahreswende um vier Prozent erhöht worden.

Große Hoffnungen setzt er auf die Neuorganisation der Allianz in Deutschland. Der Konzern fasst die drei operativen Versicherungssparten Leben, Schaden/Unfall und Kranken in einer Gruppe unter der neuen Deutschland-Holding zusammen. Die Vertriebe der drei Versicherer wurden in die neu gegründete Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG (ABV) eingebracht, den Maklerbetrieb betreuen die drei Versicherer weiterhin jeder für sich.

„Von 20 Millionen Kunden haben bisher nur 4,2 Millionen einen APKV-Vertrag“, sagte Rumm. „Durch die Zusammenführung gewinnt das Geschäftsfeld Krankenversicherung insgesamt vertrieblich an Bedeutung. Wir können nun die Vertriebskapazitäten der gesamten ABV in Anspruch nehmen.“

Rumm ist sicher, dass die private Krankenversicherung auch die gegenwärtigen Reformbemühungen überleben wird. Aber selbst wenn das nicht der Fall wäre, könnte die APKV ihre jetzigen Verträge mit privat Vollversicherten ohne frisches Geld der Konzernmutter erfüllen.

Bild(er):

Das Bett im Krankenhaus bleibt leer. Der Allianz-Tochter APKV gehen die Kunden verloren – FotoMedienService/Ulrich Zillmann; FTD-Montage

Quelle: Financial Times Deutschland


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