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Made in Germany und Holland

Posted By Friederike Krieger On 5. Mai 2006 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Gewerbepark Avantis bietet Standortvorteile zweier Staaten

Von Friederike Krieger Der niederländische Unternehmer Gosse Boxhoorn ist ein ausgesprochen aktiver Grenzgänger. Rund 100-mal am Tag pendelt er zwischen den Niederlanden und Deutschland. Dazu muss er das Gebäude seiner Firma Solland Solar Energy nicht einmal verlassen. Es befindet sich exakt auf der deutsch-niederländischen Grenze.

Möglich macht das der Gewerbepark Avantis, ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt Aachen und der niederländischen Stadt Heerlen. Das 100 Hektar große Gelände liegt zu 60 Prozent auf deutschem und zu 40 Prozent auf niederländischem Staatsgebiet und soll die Standortvorteile beider Länder verbinden.

Firmen, die sich in Avantis ansiedeln, können sich die Steuerzugehörigkeit aussuchen. „Die meisten Firmen bevorzugen das niederländische Steuersystem, da dort zurzeit keine Gewerbesteuer erhoben wird“, sagt Sabine Keiner, Vertriebs- und Marketingmanagerin von Avantis. Zudem erhalten die Unternehmen einen binationalen Telefonanschluss, können also in beiden Ländern zu Inlandstarifen telefonieren, und sie bekommen eine niederländische und eine deutsche Adresse. „Das bietet einen enormen Imagevorteil bei der Markterschließung“, erklärt Keiner. Das schätzt auch Solarzellenhersteller Boxhoorn. „Im Fotovoltaik-Geschäft ist vielen Kunden ein ,Made in Germany‘ sehr wichtig“, sagt er. Und gegenüber seinen niederländischen Kunden kann er ein „Made in Holland“ vorweisen.

Dem Unternehmen Solland hat der binationale Status insgesamt 3 Mio. Euro Subven tionen von beiden Seiten der Grenze gebracht. Noch in diesem Jahr will das Unternehmen seine 90-köpfige Belegschaft – darunter 35 deutsche Angestellte – um 50 weitere Mitarbeiter aufstocken.

Streit mit Naturschutzbund

Solland ist das größte der bisher 13 Unternehmen, die sich in Avantis angesiedelt haben. Obwohl der erste Spatenstich hier schon 1998 gesetzt wurde, sind erst drei von insgesamt 67 Hektar bebaubarer Fläche verkauft. Grund dafür sei ein Streit zwischen den Avantis-Betreibern und Naturschützern um eine Feldhamster-Population auf dem Gelände, der erst im Jahr 2003 beigelegt wurde, sagt Keiner. „In dieser Phase ging es der Wirtschaft noch besser als jetzt, und wir hatten viele Interessenten, die auf Grund der Planungsunsicherheit aber abgesprungen sind.“

Claus Mayr vom Naturschutzbund Aachen sieht das anders. „Angesichts überreich vorhandener Gewerbefläche im Umfeld besteht kein Bedarf für einen weiteren Gewerbepark.“ So habe in dem Gewerbegebiet Kerkrade, das sich nur 600 Meter von Avantis entfernt befindet, aus Mangel an anderweitigen Investoren schon ein Fußballstadion gebaut werden müssen. Auch an der Avantis-Prognose, dass bis 2017 dort rund 8000 Arbeitsplätze entstehen werden, zweifelt Mayr. Das ETIL-Institut in Maastricht würde nur mit einem Zuwachs von 500 bis 600 Beschäftigten rechnen.

Bild(er):

Der europäische Wissenschafts- und Wirtschaftspark Avantis gehört sowohl zur Stadt Aachen als auch zur Gemeinde Heerlen

Quelle: Financial Times Deutschland


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