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Allianz baut Luftfahrtdeckung aus

Posted By Herbert Fromme On 8. August 2006 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

US-Team angeheuert · Transportrückversicherung nach hohen Verlusten aufgegeben · FTD-Interview

Von Herbert Fromme, Köln Die Allianz baut ihr Luftfahrtversicherungsgeschäft in den USA aus. „Wir haben ein Team von Spezialisten eingestellt, dass sich in den USA selbst um diesen Markt kümmern wird“, sagte Axel Theis im FTD-Interview. Theis ist Chef der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), dem Industrie- und Transportversicherer des Konzerns. Das Team stammt von der United States Aviation Insurance Group (USAIG), einem auf Luftfahrtrisiken spezialisierten Pool. „Bisher haben wir US-Geschäft mit einem Volumen von rund 120 Mio. $ von London aus gezeichnet, jetzt machen wir es direkt in den USA und wollen es ausbauen“, sagte Theis.

Ohnehin gehe das Unternehmen in seiner neuen Struktur „gut nach vorn“, sagte Theis. Die Allianz legt gerade die bisherige Allianz Global Risks (AGR) und die Allianz Marine & Aviation (AMA) zusammen, dazu die Teile der Allianz Versicherung, die sich mit Industriegeschäft befassen. In der Definition des Konzerns sind das alle Kunden mit einem Umsatz von mehr als 500 Mio. Euro. Für 2006 peilt Theis Prämieneinnahmen von 2,7 Mrd. Euro an, für AGCS arbeiten 2500 Mitarbeiter weltweit.

„Wir haben eindeutig das Ziel, weltweit einer der großen Player in der Industrieversicherung zu werden“, sagte Theis. Er kann sich auf diesem Weg auch die Übernahme von Beständen oder Unternehmen vorstellen. „Wenn es ausgezeichnete Gelegenheiten gäbe, würde ich mich innerhalb der Allianz-Gruppe für solche Übernahmen stark machen“, sagte er.

Vollständig zurückgezogen hat sich AGCS dagegen aus der aktiven Rückversicherung von Transportrisiken. Die Vorläuferorganisation AMA hatte sich hier 2005 die Finger verbrannt. Nach den Hurrikans Katrina und Rita stellte sich heraus, dass sie hohe Entschädigungen für beschädigte oder zerstörte Ölplattformen, Schiffe und Transportanlagen zahlen musste, weil sie anderen Gesellschaften Rückdeckungen gegeben hatte.

AMA brachte 2005 für Schäden insgesamt 1,42 Mrd. Euro brutto auf, 800 Mio. Euro mehr als im Vorjahr. Die Differenz dürfte aber nicht allein auf die Hurrikans zurückzuführen sein. Dazu kamen noch Kosten für Verwaltung und Vertrieb von 280 Mio. Euro, zusammen also Schäden und Kosten von 1,7 Mrd. Euro – bei Prämien von gerade 1,13 Mrd. Euro.

Theis bestätigte, dass die Hurrikans „mehrere hundert Mio. Euro“ Belastung in der Transportrückversicherung gebracht hätten, wollte aber keine genaue Summe nennen. Ein Teil sei rückversichert gewesen. „In den Verträgen wurde nicht immer genau zwischen Energierisiken und den eigentlichen Transportrisiken unterschieden“, sagte Theis. Auch habe es bei der Kumulkontrolle – der Überwachung, wie hoch ein Versicherer bei Großereignissen im Risiko steht – Mängel gegeben. „Da sind Dinge gemacht worden, die wir so nicht wieder machen würden“, sagte er.

Nach Angaben aus Branchenkreisen wurden von mehreren Managern Vorgaben des Konzerns, welche Risiken übernommen werden und welche nicht, mißachtet. Theis wollte das nicht kommentieren. Der verantwortliche Vorstand Paul Manders habe AMA schon Ende 2005 auf eigenen Wunsch verlassen.

Die Probleme in der Transportrückversicherung seien in keiner Weise ursächlich für die AMA-Fusion mit der Schwester AGR gewesen, sagte Theis zu entsprechenden Auffassungen im Markt. „Diese Fusion wollten wir schon sehr viel früher, weil wir in vielen Fällen die selben Kunden haben.“ Außerdem sei es für AMA als Spezialversicherer mit nur zwei Sparten schwer gewesen, ein gutes Rating zu erzielen.

„Die Kunden begrüßen die Zusammenlegung“, sagte Theis. Das Unternehmen bekomme auch viel Zustimmung für die Tatsache, dass es sich mit Experten verstärkt. Neben den US-Luftfahrtspezialisten sind das in Deutschland vor allem Haftpflicht- und Feuerversicherer, die von Gerling zur Allianz wechseln. Gerling wurde von der Talanx/HDI-Gruppe übernommen.

Den Konkurrenzkampf mit Talanx sieht Theis gelassen. Es sei möglich, dass auf der Basis der bisherigen Beitragseinnahmen der Konkurrent in der industriellen Sach- und Haftpflichtversicherung zur Zeit die Nummer eins in Deutschland sei. „Wenn man Transport und Luftfahrt mit einrechnet, sind wir größer“, sagte Theis. „Entscheidend aber ist, was dem fusionierten Unternehmen nach zwei Jahren an Umsatz bleibt.“ Viele Industriekunden seien nicht glücklich, wenn nach der Gerling/HDI-Fusion plötzlich 60 Prozent bis 80 Prozent ihrer Deckung bei einem Versicherer lägen. „Sie suchen nach alternativen Anbietern, die Kapazität und gute Fachleute haben“, sagte Theis.

Zitat:

„Die Kunden begrüßen die Zusammen-legung“ – Axel Theis, Allianz –

Bild(er):

Geschäftsfeld mit Zukunft: Die Allianz setzt künftig verstärkt auf die Versicherung der Luftfahrt – Visum

Quelle: Financial Times Deutschland


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