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Banken lassen Merkel abblitzen

Posted By Herbert Fromme On 31. Oktober 2006 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Institute und Allianz lehnen gewünschten Einstieg bei EADS ab · Finanzkonstrukt als möglicher Ausweg

VON Angela Maier, Frankfurt, Herbert Fromme, Köln, Peter Ehrlich, Berlin,und Gerhard Hegmann, München M ehrere große deutsche Banken und die Allianz haben Bundeskanzlerin Angela Merkel nur sehr geringes Interesse an einem EADS-Einstieg signalisiert. Bei Insidern der Institute hieß es, man wolle keine Aktien des Luft- und Raumfahrtkonzerns erwerben. Einzelne Finanzkonzerne würden sich zwar an der Finanzierung eines Aktienkaufs beteiligen, allerdings mit begrenztem Risiko und ohne selbst einzusteigen.

Ein Commerzbank-Sprecher sagte, dass Vorstandschef Klaus-Peter Müller grundsätzlich bereit sei, an einer Lösung mitzuwirken. Der Sprecher schränkte aber ein, dass noch keine Lösung vorliege.

Damit droht Merkels Suche nach langfristig orientierten deutschen Investoren für die Airbus-Mutter zu scheitern. Die Regierung möchte auch nach dem angekündigten Verkauf von 7,5 Prozent der 22,5 Prozent, die DaimlerChrysler hält, das Machtverhältnis zwischen Deutschen und Franzosen gewahrt wissen, einen eigenen Einstieg aber vermeiden. Hintergrund ist der Arbeitsplatzabbau bei Airbus wegen der Lieferschwierigkeiten beim A380.

Schon jetzt ist die deutsche Seite im Hintertreffen: Der französische Staat und der Unternehmer Arnaud Lagardère halten zusammen 29,9 Prozent. An diesem Freitag trifft Merkel die beiden EADS-Chefs Thomas Enders und Louis Gallois. Dabei werde es aber keine abschließende Lösung zur Aktionärsstruktur geben, sagte ein Regierungssprecher.

In den vergangenen Wochen war die Kanzlerin schon bei potenziellen Investoren aus der Luftfahrtbranche abgeblitzt. Ein Grund dafür ist eine Besonderheit der EADS-Satzung: Danach haben Anteilseigner, die nicht Gründungsaktionäre sind, praktisch kein Mitspracherecht. Zudem steigen Investoren nur ein, wenn sie auch wieder verkaufen können. „Wenn die Bundesregierung deutsche Investoren wünscht, dann gäbe es auch keinen offenen Ausstieg. Das schreckt jeden Investor ab“, sagt ein Branchenkenner.

Merkel hat sich deshalb nach FTD-Informationen persönlich bei Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann für den Einstieg deutscher Finanzinvestoren eingesetzt. Auch die Allianz wurde angesprochen. Eine Teilnahme staatlicher Institute wie der KfW gilt dabei als möglich.

Die EADS-Hausbank Deutsche Bank arbeitet mit der US-Bank Goldman Sachs seit Wochen an möglichen Finanzkonstrukten. Im Gespräch ist, dass auf das EADS-Paket ein strukturiertes Wertpapier aufgesetzt wird. Dieses wäre – ähnlich einem Zertifikat – mit begrenztem Verlustrisiko sowie gedeckelten Gewinnchancen ausgestattet. Allianz, Deutsche Bank und drei andere Finanzkonzerne könnten es übernehmen. Damit würde sich das Problem der Investorensuche am Ende der Laufzeit von zwei bis drei Jahren jedoch erneut stellen.

Ein anderer Plan ist, dass DaimlerChrysler eine Umtauschanleihe bei einem privaten Finanzkonsortium platziert, die später mit EADS-Aktien zurückgezahlt wird. Nach dem Tausch der Anteile in Aktien würde das Konsortium allerdings Eigentümer der 7,5 Prozent. „Damit würde das Paket irgendwann bei privaten und institutionellen Investoren liegen“, sagte ein Banker.

Angesichts der Komplexität wurde gestern bei mehreren großen Finanzkonzernen bezweifelt, dass eine Lösung zustande kommen kann. „Es gibt derzeit keine Vorstellung, worauf es hinauslaufen könnte“, hieß es in Kreisen der Beteiligten.

Müller hatte sich gegenüber der „FAZ“ optimistischer geäußert: „Ich hätte mir hier eine industrielle Lösung gewünscht, bin aber auch bereit, mich an einer andersgearteten Lösung zu beteiligen“, sagte er. Voraussetzung sei, dass eine solche Lösung aus Sicht der Commerzbank „konstruktiv und wirtschaftlich“ vertretbar sei.

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Quelle: Financial Times Deutschland


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