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Aon-Chef baut Konzern um

Posted By Herbert Fromme On 7. November 2006 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Globaler Versicherungsmakler sieht Wachstumschancen · FTD-Interview mit Gregory Case

Von Herbert Fromme und Steffen Klusmann, Hamburg Der Versicherungsmakler Aon Corporation in Chicago geht die seit Jahren überfällige Vereinheitlichung des Konzerns an. „Die interne Konsolidierung bei Aon hat bisher nicht wirklich stattgefunden“, sagte Konzernchef Gregory Case im FTD-Interview.

Aon ist als Dienstleister in erster Linie für Unternehmen tätig. Die Gruppe wurde 1992 durch die Fusion von Ryan Insurance mit Combined Insurance gegründet. Seitdem hat sie sich durch zahlreiche Übernahmen zu einem der beiden weltgrößten Makler entwickelt. Mit 5,41 Mrd. $ „reinem Maklerumsatz“ weltweit sei Aon 2005 sogar größer geworden als der Konkurrent Marsh mit 5,26 Mrd. $, sagte Case. In Deutschland kaufte Aon 1997 die Firma Jauch & Hübener, als Aon Jauch & Hübener bis heute der lokale Marktführer.

Die Konzernbildung durch Zukäufe führte zu zahlreichen Einzel- und Insellösungen, die Case abschaffen will. „Vor 18 Monaten hatten wir 27 verschiedene IT-basierte Vertriebssysteme, jetzt haben wir eins“, sagte Case. „Wir geben immer noch acht Prozent des Umsatzes für IT aus, die Branche kommt mit drei, vier Prozent aus.“

Der Harvard-Absolvent Case kam im April 2005 von McKinsey zu Aon. Die Marktchancen hält er für gewaltig. „In den vergangenen 18 Monaten habe ich rund 1700 Gespräche mit Firmenchefs und Risk-Managern in der ganzen Welt geführt“, sagte Case. Dabei hätten sich drei klare Botschaften herausgeschält. „Erstens, die Risikobedrohung auf der Erde nimmt zu, nicht ab.“ Beispiele seien Terrorismus, Pandemien oder globale Erwärmung. „Zweitens nimmt die Komplexität der Risiken zu“, sagte Case.

„Wir verbringen Hunderte von Stunden damit, mit Kunden über die möglichen Folgen von Pandemien für ihre Unternehmen zu sprechen“, sagte er. Drittens steige die Regulierungsdichte auf allen Ebenen. Alles zusammen ergebe viele Geschäftsmöglichkeiten für Aon als Berater für Risikolösungen. Das beschränke sich nicht auf die Vermittlung von Versicherungen. „Wir und Goldman Sachs sind die führenden Unternehmen im Bereich Katastrophenanleihen.“

Während der interne Umbau im Mittelpunkt steht, schließt Case Zukäufe nicht aus. „Wir suchen aber keine Firmen, die so sind wie wir“, sagte er. „Wir wollen in strategischen Nischen zukaufen.“ Dazu gehörten zum Beispiel Spezialisten für das sogenannte Affinity-Geschäft – Versicherungen für Belegschaften etwa oder für Vereinsmitglieder. In Deutschland kaufte der Konzern im Februar den Makler Unita, der sich auf die Bau- und Immobilienbranchen sowie freie Berufe spezialisiert hat. „Das war eine der wichtigsten Übernahmen der letzten Zeit“, sagte Case. Insgesamt habe Aon 2005 rund 25 Unternehmen gekauft. Zum Umbau gehört für Case auch der weitgehende Rückzug aus Geschäftszweigen, in denen Aon selbst Versicherer ist. Der Garantieversicherer Aon Warranty geht für 710 Mio. $ an den Private-Equity-Investor Onex. Die Construction Program Group wird an Old Republic verkauft.

Die Untersuchungen durch den New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer gegen Marsh und andere Makler habe Aon „sehr positiv überstanden“. Aon einigte sich mit Spitzer auf die Zahlung von 190 Mio. $ wegen der Annahme von umsatzbasierten Sonderprovisionen – „eine Praxis, die bei fast allen Maklern in der Welt üblich war“. Das Ergebnis sei eine sehr viel größere Transparenz. „Die Kunden verstehen, was sie zahlen.“ Daran müsse sich Aon messen lassen. „Haben wir Wert für den Kunden geschaffen oder nicht?“

Die Börse muss Case noch überzeugen. Im Mai lag die Aktie noch über 42 $, heute bei 34 $. „Aber wer vor 18 Monaten eine Aon-Aktie kaufte, hat seitdem 50 Prozent verdient“, antwortete Case. Er sieht die Probleme: Mit drei Prozent ist das organische Wachstum mäßig, der Gewinn ging in den ersten neun Monaten sogar leicht zurück. Case bleibt Optimist. „Dieses Unternehmen hat auf globaler Ebene noch nicht alles gut koordiniert, hat noch nicht alle Umsatzmöglichkeiten ausgeschöpft, ist aber trotzdem der größte Makler der Welt“, sagte er. „Dieser schlafende Riese wird noch viele Leute überraschen.“

Zitat:

„Der schlafende Riese wirdnoch vieleüberraschen“ – Aon-Chef Gregory Case –

Bild(er):

Aon ist durch Zukäufe unübersichtlicher geworden. Firmenchef Gregory Case will das ändern – Christian Charisius

Quelle: Financial Times Deutschland


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