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IBM wittert Potenzial bei Assekuranz

Posted By Herbert Fromme On 15. März 2007 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Manager Norbert Dick glaubt, dass die Versicherer wieder mehr auf Umsatzwachstum setzen · FTD-Interview

Von Herbert Fromme und Christina Palmberger, Köln Die IT-Branche glaubt an einen ungebrochen steigenden Bedarf der Versicherungswirtschaft für ihre Dienstleistungen. Aber die Zeiten, in denen die Versicherer einseitig nur auf Kostensenkung setzten, seien vorbei, sagte IBM-Manager Norbert Dick der Financial Times Deutschland. Es gebe tatsächlich gewaltige Kostensenkungspotenziale. „Das sind 30 Prozent der Verwaltungskosten, die man da heben kann.“ Teilweise gehe dies mit massivem Arbeitsplatzabbau einher, was allein aber nicht die Zukunft sichere.

„Jetzt orientieren sich die Versicherungsunternehmen anders und versuchen, dem Umsatzwachstum wieder Priorität zu geben“, sagte Dick weiter. Hier könne die IT-Branche durch Innovationen die Voraussetzung für profitables Wachstum schaffen. Durch Automatisierung ließen sich Bearbeitungszeiten deutlich verringern – in der Krankenversicherung etwa durch die maschinelle Prüfung eingescannter Belege.

„Diejenigen Gesellschaften gewinnen, die das zuerst beherrschen“, sagte Dick. Der Manager ist global für die IBM-Kunden in der Assekuranz zuständig. Zahlen zu dem Geschäftsbereich veröffentlicht das Unternehmen nicht. Das IT-Dienstleistungsunternehmen PAC schätzt den Umsatz von IBM mit der Assekuranz auf weltweit rund 6 Mrd. $. Die Versicherungsbranche gibt weltweit im Durchschnitt 3,5 Prozent der Prämieneinnahmen für IT aus, in Deutschland rund 2,6 Prozent – ein gigantischer Markt von allein hierzulande mehr als 4 Mrd. Euro.

„Dabei geben die Versicherer bisher 70 Prozent bis 80 Prozent des Budgets im Anwendungsumfeld für Wartungsarbeiten an den komplexen Systemen aus“, sagte Dick. Wenn die Assekuranz das mit neuen Techniken und neuen Architekturen angehe, könne das erhebliche Einsparungen schaffen, die sie für tatsächliche Innovationen verwenden könne. „Das ist ein Riesenhebel“, sagte Dick.

Die Zusammenfassung unterschiedlichster Systeme unter einheitlichen, kundenbezogenen Oberflächen in den Konzernen sei der nächste Schritt, der ebenfalls zu drastischen Einsparmaßnahmen führe. Die deutschen Versicherer seien dabei im Weltmaßstab nicht schlecht. Zögernder als die Versicherer in anderen Ländern verhalte sich die Branche aber beim Outsourcing von IT-Dienstleistungen.

Auf den Ausschließlichkeitsvertrieb der Assekuranz in seiner jetzigen Form sieht Dick Probleme zukommen. Zwar sei er immer noch dominant, doch finde das Wachstum eher bei Onlineabschlüssen, Bankvertrieben und bei der Direktversicherung statt. Zwischen Unternehmen und Außendienst gebe es in Zeiten der Kostensenkung leicht Spannungen. Im Innendienst bauen die Versicherer Personal ab, der Außendienst soll aber Service in guter Qualität erbringen. Die IT könne helfen, dieses Spannungsfeld zu überwinden.

Eines der wichtigsten Innovationsfelder sei die Einführung von Policen, die Kunden genau nach dem wirklich benötigen Versicherungsschutz zahlen. Vorreiter ist hier die „Pay-as-you-drive“-Police, bei der ein System aus Satellitennavigation und Mobilfunk die kilometer- und risikogerechte Abrechnung des Versicherungsschutzes erlaubt. Mehrere Gesellschaften testen das zur Zeit. „Ich bin sicher, in zwei Jahren sehen wir das verstärkt im Markt“, sagte Dick.

Die Schadenberechnung aufgrund von digitaler Fotoerkennung hat ebenfalls eine große Zukunft, glaubt Dick. „Man muss nur ein Foto seines Pkw im Kaufzustand bei seinem Versicherer hinterlegen.“ Das Prinzip: Nach einem Unfall wird der Wagen erneut fotografiert. Das System vergleicht die beiden Bilder, woraus fast automatisch der mögliche Unfallschaden berechnet werden kann. Der IBM-Manager glaubt, dass diese Technik in den kommenden Jahren auf den Markt kommt.

Bild(er):

Hofft auf ein Stück vom Kuchen: IBM-Manager Norbert Dick setzt darauf, dass die Versicherungswirtschaft ihre Bearbeitungszeiten durch Automatisierung verringert – FTD/Juergen Schwarz (3)

Quelle: Financial Times Deutschland


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