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Münchener Rück geht in die Offensive

Posted By Herbert Fromme On 29. März 2007 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Rückversicherer startet Wachstumsprogramm · Insider werten Schritt als Zeichen der Angst vor Finanzinvestoren

Von Herbert Fromme, Köln Die Münchener Rück will Umbauprojekte und die Suche nach Wachstumsfeldern deutlich beschleunigen. Vorstandschef Nikolaus von Bomhard hat dazu das Programm „Changing Gear“ oder „Einen Gang höher schalten“ ausgerufen. Das Unternehmen bestätigte, dass der Vorstand eine entsprechende Initiative begonnen hat. „Dabei geht es darum, bestehende Projekte zu bündeln und zu beschleunigen“, sagte ein Sprecher. Damit sei kein Strategiewechsel verbunden, die Münchener Rück werde an ihrem Kurs der disziplinierten Geschäftspolitik festhalten. „Wir setzen weiter nicht auf Volumen, sondern auf den Gewinn“, sagte er. Es gehe dem zweitgrößten Rückversicherer der Welt einzig um „profitables Wachstum“.

Die Schlagzahl werde erhöht, weil der Vorstand Angriffe großer Finanzinvestoren fürchte und die Münchener Rück dagegen rüsten wolle, so ein Insider. Die zur Axa gehörende US-Investmentgesellschaft Alliance-Bernstein sei mit knapp zehn Prozent größter Einzelaktionär, nachdem die Allianz ihren Anteil von 9,4 Prozent auf 4,9 Prozent reduziert hat. Wenn die Axa wolle, könne sie auf einem Sitz im Aufsichtsrat bestehen und Einfluss nehmen, so die Befürchtung.

Das Pariser Unternehmen erklärte, die Beteiligung bestehe nur über die Verwaltung von Fondsvermögen. „Das ist das Geld Dritter, und das verwenden wir nie für strategische Beteiligungen“, sagte ein Sprecher. „Der Anteil an der Münchener Rück ist eine reine Kapitalanlage.“ Die Axa wolle niemanden für den Aufsichtsrat der Münchener Rück nominieren.

Dennoch: Die Anteile sind breit gestreut, 70 Prozent der Aktien sind in der Hand von Ausländern – damit ist das Unternehmen ein mögliches Ziel für Hedge-Fonds und andere Angreifer. Der Börsenwert von 29 Mrd. Euro wäre kein Hindernis. Angetrieben von Analystenempfehlungen hatte die Aktie am Dienstag knapp drei Prozent zugelegt.

In Teilen des Unternehmens wird das neue Programm als Defensivmaßnahme wahrgenommen. „Der Vorstand reagiert mit Aktionismus“, sagte ein Manager, der nicht genannt werden wollte. Intern sei die Devise ausgegeben worden, das Unternehmen solle um zehn Prozent pro Jahr im Rückversicherungsmarkt wachsen. Es wolle wieder die Nummer eins im Rückversicherungsmarkt werden. „Das geht nicht ohne Zukäufe im Rückversicherungsbereich“, sagte der Manager. 2006 hatte Swiss Re die Münchner Gesellschaft vom Topplatz im globalen Ranking der Rückversicherer verdrängt.

Ein Unternehmenssprecher bestritt, dass der Vorstand eine Wachstumsvorgabe von zehn Prozent gemacht habe. „Das ist völliger Unsinn“, sagte er. Zu Zukäufen sagte er, es gebe keine aktuellen Pläne. Nach Marktinformationen verhandelt die Münchener Rück zurzeit über einen „strategischen Anteil“ an der China Re.

Unabhängig von „Changing Gear“ bereitet die Münchener Rück den Umbau ihrer europäischen Konzernstruktur vor. Nach der Einführung neuer europaweiter Vorschriften können Rückversicherer in anderen Ländern mit Niederlassungen statt mit Tochtergesellschaften arbeiten. So unterliegen sie nur im Herkunftsland der Versicherungsaufsicht. Die Münchener Rück wolle ebenso wie andere Rückversicherer mit europäischen Töchtern fusionieren und dort Niederlassungen einrichten, heißt es in Marktkreisen. Dabei prüfe die Münchener Rück auch die Umwandlung von einer Aktiengesellschaft in eine Europa AG oder Societas Europaea (SE), sei bisher aber nicht zu einem positiven Ergebnis gekommen.

Rückversicherer geben anderen Versicherern Risikoschutz gegen Katastrophen und andere große Belastungen. In der Branche bröckeln die Preise, nachdem sie seit 2000 zugelegt hatten. Von Bomhard betont immer wieder, dass die Münchener Rück nur für gewinnbringendes Geschäft Schutz anbietet.

Zitat:

„Der Vorstand reagiert mit Aktionismus“ – Manager der Münchener Rück –

Bild(er):

Walking Man vor der Konzernzentrale: Die Münchener Rück will einen Gang höher schalten – Bernd Schuller

Quelle: Financial Times Deutschland


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