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Allianz wagt sich an US-Haftpflicht

Posted By Herbert Fromme On 29. Mai 2007 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Industrieversicherer probiert das Geschäft mit langjährigen Kunden · Interview mit Global-Chef Axel Theis

Von Herbert Fromme, München Der Allianz-Konzern wagt sich in ein umstrittenes Geschäftsfeld vor. „Wir werden aller Voraussicht nach in bestimmten Segmenten für ausgewählte US-Kunden Haftpflichtdeckungen anbieten“, sagte Axel Theis, Chef der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), der FTD. In der AGCS hat der Konzern weltweit das Geschäft mit der großen Industrie und in Spezialsparten wie Luftfahrt und Transport gebündelt. „Das werden nur Kunden sein, mit denen wir schon lange sehr intensive Beziehungen haben“, sagte Theis.

Der US-Haftpflichtmarkt gilt als sehr problematisch. Das rechtliche Umfeld ist für die Versicherer ungünstig, Gerichte sprechen Geschädigten oft hohe Schadenersatzzahlungen zu. Altlasten aus Haftpflichtschäden wie Asbest oder Arbeiterunfallversicherungen kosteten auch europäische Versicherer bereits Milliarden. Entsprechend vorsichtig agieren sie nun.

„Wir decken ja bisher schon nichtamerikanische Kunden in internationalen Programmen mit ihren US-Risiken“, sagte Theis. „Auch in bestimmten Sparten wie der Luftfahrthaftpflicht sind wir bereits in den USA aktiv.“ Die Gesellschaft werde durch ihren Schritt „kein riesiger Player“ im US-Haftpflichtmarkt. „Wir wollen die Plattform, die wir für die nichtamerikanischen Kunden vorhalten, besser nutzen“, sagte er. „Wir brauchen dort ohnehin das Anwaltsnetzwerk und unsere Schadensspezialisten.“

Eine wichtige Wachstumssparte ist für Theis die Luftfahrtversicherung. Dafür heuerte AGCS 2006 ein Team von US-Spezialisten an. Vor allem die Versicherung von Privatflugzeugen und Unternehmensjets, die sogenannte General Aviation, boomt. „Jedes Mal, wenn ein Konzernchef am Flughafen bei der Sicherheitskontrolle die Schuhe ausziehen muss, gibt es eine neue Bestellung für einen Corporate Jet“, sagte er.

Auch im Transportmarkt und bei internationalen Versicherungsprogrammen sieht Theis große Zuwächse für AGCS. „Wir führen heute über 800 internationale Programme“, sagte er. Die wichtigsten Wettbewerber seien AIG, Zurich Financial und XL. Der nach der Übernahme von Gerling durch Talanx/HDI entstandene große Industriespezialist HDI-Gerling spiele im internationalen Programmgeschäft nur eine kleine Rolle.

„2006 war unser bisher bestes Jahr, seitdem wir die Industrieversicherung separat betreiben“, sagte Theis. Dabei habe sich Deutschland schwächer als andere Märkte entwickelt – vor allem wegen Feuergroßschäden. So kostete allein der ThyssenKrupp-Brand in Duisburg die Versicherer 255 Mio. Euro.

Die Prämieneinnahmen der AGCS beliefen sich auf 2,8 Mrd. Euro, davon 850 Mio. Euro in Deutschland, der operative Gewinn auf 404 Mio. Euro. „Für 2007 erwarten wir rund 3 Mrd. Euro Prämie und einen operativen Gewinn von 300 Mio. Euro bis 350 Mio. Euro“, sagte Theis. Die boomende Wirtschaft wirke sich positiv aus. „In vielen Policen gibt es umsatzabhängige Klauseln, die dazu führen, dass insgesamt ein Prämienwachstum entsteht.“ Es gebe allerdings deutlichen Preisdruck. Wenn auch 2007 gut verlaufe, werde noch mehr frische Versicherungskapazität in den Markt strömen. „Das wird dann zu weiterem Preisdruck führen“, so Theis.

Trotzdem verlaufen fast alle Sparten 2007 „im deutlich schwarzen Bereich“. Ausnahme ist die Schiffsversicherung, in der die Versicherer heftige Schäden im ersten Quartal einstecken mussten. Hier achte AGCS sehr genau darauf, welche Risiken akzeptabel sind, und erwarte Preissteigerungen.

Zum laufenden Kartellverfahren wegen „gleichförmigen Marktverhaltens“ wollte Theis nichts sagen. Das Kartellamt hatte 2005 Bußgelder von 150 Mio. Euro gegen 17 Versicherer und gegen einzelne Manager verhängt – darunter auch die Allianz und Axel Theis, der das Verfahren von seinem Vorgänger geerbt hat.

Bis auf eine Gesellschaft haben alle Versicherer Einspruch eingelegt, das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf soll im Herbst beginnen. „Natürlich kann ich zu einem laufenden Verfahren nicht Stellung nehmen“, sagte Theis. „Man muss aber im Auge behalten, dass es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt.“

Zitat:

„2006 war unser bisher bestes Jahr“ – Axel Theis, Vorstandschef Allianz Global Corporate & Specialty –

Bild(er):

Feuerwehrleute löschten gestern einen Brand in einem Aluminium verarbeitenden Betrieb in Landau. Die Zahl der Großbrände steigt mit der anspringenden Konjunktur – dpa

Quelle: Financial Times Deutschland


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