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Geburtsfehler der Finanzaufsicht

Posted By Herbert Fromme On 10. August 2007 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Herbert Fromme Die Allianz hat die 34 Mio. Euro Bußgeld des Kartellamts gezahlt und so vermieden, dass vor Gericht sieben Jahre alte Wäsche gewaschen wird. Die meisten anderen Gesellschaften werden folgen. Damit hat das Kartellamt sich durchgesetzt, die Versicherer haben zumindest formal Verstöße gegen das Kartellrecht durch „gleichförmiges Marktverhalten“ in der Industrieversicherung eingestanden.

Gespannt darf man sein, wie die Finanzaufsicht BaFin reagiert. Sie könnte betroffene Vorstandsmitglieder aus dem Amt entfernen. Sie muss sicherstellen, dass Vorstände „zuverlässig und fachlich geeignet“ sind. Ob sie einen so weitreichenden Schritt für nötig hält oder es bei einer Ermahnung belässt, ist offen.

Leicht wird der Behörde die Entscheidung nicht fallen. Es hat in Bonn schon ziemlich geschmerzt, dass nicht die Versicherungsaufsicht, sondern das Bundeskartellamt die Industrieversicherer zur Rechenschaft gezogen hat. Auch andere Behörden im In- und Ausland scheinen die BaFin regelmäßig zu überholen, wenn es um die Ahndung nicht ganz sauberen Verhaltens in der deutschen Assekuranz geht. Da verhängt die englische FSA eine hohe Geldstrafe gegen die britische Tochter einer Gesellschaft wegen eines Finanzrückversicherungsgeschäfts, bei dem deutsche Versicherer die Hauptrolle spielten. Da schließt die Staatsanwaltschaft nach langem Zögern die Göttinger Gruppe, nicht die Finanzaufsicht.

Dahinter steckt ein Geburtsfehler der BaFin. Sie soll vor allem dafür sorgen, dass Versicherer und Banken nicht kollabieren – und das ohne viel Getöse. Die BaFin darf keine Geldstrafen verhängen, sie darf nicht einmal öffentlich vor zweifelhaftem Geschäftsgebaren warnen, sondern nur im Hintergrund wirken. Damit wird sie kaum den Anforderungen des zunehmend aggressiveren Wettbewerbs in der Branche und den durch Solvency II an die Aufsicht gerichteten gesetzlichen Aufgaben gerecht werden können.

Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.

E-MAIL: fromme.herbert@ftd.de

Quelle: Financial Times Deutschland


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