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Gut gesichert ins Wagnis

Posted By Herbert Fromme On 14. September 2007 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Die Kreditversicherer sind wachsam. Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten könnten zu enormen Schäden führen. Bislang klappt ihr Risikomanagement dsfgsd fs

VON Herbert Fromme und Anja Krüger Alle Warnsysteme sind scharf geschaltet, jede Nachricht, jede Schadenmeldung wird aufmerksam verfolgt. Die Experten der Kreditversicherer beobachten genau, welche Verwerfungen auf den Weltfinanzmärkten die Krise um zweitklassige Hypotheken aus den USA auslöst, die sogenannten Subprime-Risiken. Ihre Sorge: Sollten die Probleme zu einer länger andauernden, tiefen Kreditverknappung führen, könnte das manch schwach kapitalisiertem Unternehmen die Luft abschneiden. Insolvenzen wären die Folge und damit Schäden für die Kreditversicherer programmiert.

Der Weltmarktzweite Atradius hat die Risikoprüfung bei Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil deutlich verschärft. „Das gilt zum Beispiel für Firmen, die von Private Equity kontrolliert werden. Da sind wir vorsichtiger geworden“, sagt Peter Ingenlath, stellvertretender Vorstandsvorsitzender. „Im Moment haben wir aber keine Anzeichen dafür, dass diese Wirkungskette schon gegriffen hat“, sagt Ingenlath. Auch Clemens von Weichs, Chef des in Paris ansässigen Weltmarktführers und Allianz-Konzernmitglieds Euler Hermes, sieht bisher keine direkten Auswirkungen auf sein Unternehmen. „Wir haben keine Schäden durch die Subprime-Krise, in Europa haben wir nach wie vor ein hervorragendes konjunkturelles Umfeld.“ In den USA könne die Konjunktur dagegen beeinträchtigt werden. Die Krise habe langfristig etwas Positives, glaubt von Weichs: „Die Einstellung zum Risiko wird sich wieder verändern.“ In jüngster Zeit sei die Bereitschaft in der Finanzwelt, Risiken ohne adäquate Preise zu übernehmen, „erstaunlich hoch“ gewesen. Jetzt kehrten realistischere Einschätzungen zurück. Das könne den Kreditversicherern nutzen.

Dabei geht es der Branche zurzeit sehr gut. Seit drei Jahren sind die Preise unter Druck, dennoch sprudeln die Gewinne kräftig – denn die Zahl der Unternehmenspleiten und damit der Schäden für die Spezialversicherer geht ebenfalls zurück. Das macht den Markt attraktiv, entsprechend hart ist der Wettbewerb. Er wird nicht nur über den Preis ausgetragen. Immer wichtiger sind guter Service, vor allem schnelle Antworten auf Kreditanfragen, und neue Leistungen.

Der deutsche Kreditversicherungsmarkt ist mit Prämieneinnahmen von 1,4 Mrd. Euro der größte der Welt, auch wenn er nur 0,9 Prozent der Gesamtprämien deutscher Versicherer ausmacht. Der Weltmarkt kommt auf 4 Mrd. Euro. Das sieht auf den ersten Blick wenig aus – aber die Branche ist extrem wichtig für milliardenschwere Lieferungen zahlreicher Hersteller, Importeure und Großhändler.

Wenn der Hersteller A vom Kunden B einen Auftrag über 10 Mio. Euro erhält, freut er sich, hat aber auch sofort ein Problem. Denn wenn A liefert und B nicht zahlen kann, weil er nach der Lieferung in Konkurs geht, kann das auch A mit in den Abgrund reißen.

Deshalb kauft A bei einem Kreditversicherer eine Deckung. Der übernimmt das Ausfallrisiko, aber nicht unbesehen. Alle Kreditversicherer haben extrem verästelte Datenbanken über Millionen von Unternehmen und können deren Bonität präzise einschätzen. Sollte der Kreditversicherer des Unternehmens A Zweifel an der Bonität des Kunden B haben, würde er die Deckung ganz verweigern oder deutlich einschränken, etwa auf Lieferungen im Wert von 1 Mio. Euro – ein äußerst effektives Frühwarnsystem.

Konjunkturaufschwung und eine sinkende Zahl von Unternehmenspleiten sind für die Versicherer einerseits positiv. Es gibt weniger Schäden. Andererseits sind Firmen in Zeiten des wirtschaftlichen Booms eher geneigt, auf eine Versicherung ihrer Außenstände zu verzichten.

Die Anbieter liefern sich einen harten Preiskampf. Aber eine Trendumkehr könnte bevorstehen, glaubt Norbert Langenbach, Vorstand von Coface Deutschland. „In den vergangenen zwölf Monaten sind die Preise noch einmal nach unten gegangen, obwohl wir dachten, dass sie sich stabilisieren“, sagt er. „Aus unserer Sicht wird es 2008 einen Stopp geben, zumindest eine Stabilisierung auf jetzigem Niveau.“ Die Gesellschaft gehört zur französischen Coface, einer Tochter der Bank Natixis. Euler-Hermes-Chef von Weichs sieht schon heute keinen generellen Preisrückgang. „Wenn wir einen gut verlaufenden Vertrag haben, kommt es zu Preisanpassungen. Es gibt aber auch Entwicklungen, die in die umgekehrte Richtung gehen.“

Dabei haben Kreditversicherer nicht nur das Problem, dass sie günstiger und besser als die Konkurrenz sein müssen. „Das Thema der Kreditversicherung ist nicht der Wettbewerb untereinander, sondern die Marktdurchdringung“, sagt von Weichs. „Es geht darum, die Überzeugung bei unseren Kunden herzustellen, dass das Produkt unabdingbar ist – in guten wie in schlechten Phasen der Konjunktur.“

Zitat:

“ „Die Einstellung zum Risiko wird sich wieder verändern“ “ – Clemens von Weichs, Euler Hermes –

Bild(er):

Ein Fallschirmspringer kurz vor dem Absprung aus einem Flugzeug. Die Sprunghöhe liegt meist zwischen 1000 und 4500 Metern über dem Grund – avenue-images/Larry Joubert

Quelle: Financial Times Deutschland


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