Falsch verbunden

Der Versicherer Ergo feuert zwei Vorstände, die Branche rätselt. Jetzt zeigt sich: Ein missglückter Vorstoß ins Telefongeschäft hat sie den Job gekostet

Herbert Fromme D ie Sache ließ die Branche stutzen. Mit dürren Worten verkündete die Versicherungsgruppe Ergo im November den Rausschmiss von gleich zwei Vorständen. Von „Veränderungen“ war die Rede und von „gegenseitigem Einvernehmen“. Ansonsten: kein Wort dazu, warum Michael Rosenberg, Chef der Schaden- und Unfallversicherung, sowie Personalvorstand Michael Thiemermann die Münchener-Rück-Tochter zum Jahresende verlassen müssen – zwei der wichtigsten Vorstandsmitglieder.

Nun lichtet sich der Nebel. Nach FTD-Informationen geht es um Vorgänge aus dem Jahr 1999. Und um eine gewaltige Erschütterung bei Deutschlands zweitgrößtem Versicherer.

Ende der 90er-Jahre: Wie viele interessiert sich auch der Ergo-Ableger Victoria für den Telefonmarkt. Versicherer dürfen aber selbst keine versicherungsfremden Geschäfte machen. Der damalige Victoria-Chef Rosenberg arbeitet daher mit dem Geschäftsmann Martin-Hagen Otten und dessen Firma Global Communications zusammen. Rosenberg gibt dem Unternehmen ein Darlehen von 4,8 Mio. DM, wovon 3 Mio. DM in eine Lizenz für eine 01094er-Vorwahl fließen. Weitere 1,6 Mio. DM kostet eine Siemens-Vermittlungsanlage.

Acht Wochen später bekommt Rosenberg kalte Füße und will das Geschäft beenden. Otten findet die US-Firma Startec als Käufer. Hastig werden Ende 1999 die Verträge geschlossen, um Steuervorteile mitzunehmen. Der Kaufpreis soll 9 Mio. DM sein – vorbehaltlich einer detaillierten Buchprüfung. Diese zeigt, dass die Firma viel zu hoch bewertet war. Otten und Startec einigen sich auf 3,8 Mio. DM. Nach Abzug der Verkaufskosten bleiben 2,4 Mio. DM, die an die Victoria zurückfließen; den Rest des Kredits sieht der Versicherer nicht wieder.

Mit diesem Geschäft, so die Münchener Rück heute, habe Rosenberg seine Kompetenzen überschritten. Dem Vorstand Thiemermann wirft der Konzern vor, eine E-Mail mit Fragen der Konzernrevision an Otten weitergeleitet zu haben. Offen bleibt, warum Münchener-Rück-Chef Nikolaus von Bomhard nicht vorher einschritt. Seit 2004 ist er Ergo-Aufsichtsratschef. Auch Vorgänger Hans-Jürgen Schinzler unternahm nichts, obwohl die Vorgänge im Unternehmen bekannt waren.

Erst im August beauftragte von Bomhard PricewaterhouseCoopers mit einer Sonderprüfung bei Ergo. Als Folge soll Rosenberg nun gehen – obwohl der Schaden der Affäre überschaubar ist. Im Konzern wird vermutet, dass der plötzliche Aktionismus mit dem neuen Ergo-Chef zusammenhängt. Torsten Oletzky, der Anfang 2008 antritt, habe klare Verhältnisse schaffen wollen. Die Münchener Rück bestreitet das. Ein Sprecher: „Wenn neue Erkenntnisse vorliegen, muss gehandelt werden, egal wann.“

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Quelle: Financial Times Deutschland

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