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Folgenreiches Schuldbekenntnis

Posted By Friederike Krieger On 28. Dezember 2007 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Ab 2008 dürfen Haftpflichtkunden zugeben, dass sie schuld an einem Schaden sind. Das könnte industrielle Versicherungsnehmer in Schwierigkeiten bringen

Friederike Krieger Der Automobilhersteller ist sauer, sehr sauer. Durch ein fehlerhaftes Teil seines Zulieferers ist ihm ein Schaden von 3,5 Mio. Euro entstanden. Er fordert seinen Zulieferer auf, diese Kosten umgehend zu ersetzen. „Bisher konnte der Zulieferer darauf verweisen, dass er das nicht darf, weil er dadurch seinen Versicherungsschutz verliert“, sagt Maximilian Teichler, Geschäftsführer des Versicherungsmaklers Willis.

Ohne Zustimmung seines Haftpflichtversicherers durfte ein Versicherungsnehmer weder seine Schuld eingestehen noch den entstandenen Schaden wiedergutmachen. Dieses Anerkenntnisverbot sollte sicherstellen, dass der Versicherer zunächst prüfen kann, ob der Kunde überhaupt zum Schadensersatz verpflichtet ist. Verstieß er gegen das Verbot, brauchte der Versicherer nicht zu zahlen.

Privatkunden konnten ihren Versicherungsschutz auf diese Weise schnell verspielen, sagt Teichler. Wenn ein Versicherungsnehmer zum Beispiel ein Kind mit seinem Auto anfährt, sage er oft Dinge wie: „Es tut mir leid, es war meine Schuld.“ Der Versicherer müsse dann nur auf diese Aussage verweisen, um sich von jeglichen Zahlungsverpflichtungen zu befreien.

Um solche Situationen künftig zu vermeiden, ist das Anerkenntnisverbot nach dem neuen Versicherungsvertragsgesetz nicht mehr zulässig. Es tritt am 1. Januar 2008 in Kraft. „Im industriellen Bereich kann dies allerdings zu Schwierigkeiten führen“, sagt Teichler.

Um den zornigen Kunden zu besänftigen, lässt sich der Zulieferer dazu verleiten, seine Schuld voreilig einzugestehen. Was er anerkennt, muss aber nicht rechtens sein. Das fehlerhafte Teil könnte in Wahrheit nur Schäden in Höhe von 2,5 Mio. Euro verursacht haben oder überhaupt nicht für die Probleme beim Automobilhersteller verantwortlich sein. Der Haftpflichtversicherer des Zulieferers muss aber nur für tatsächlich entstandene Schäden aufkommen und nicht für überhöhte oder ungerechtfertigte Ansprüche. Der Versicherungsnehmer läuft Gefahr, auf einem Teil der Kosten oder dem Gesamtbetrag sitzen zu bleiben, da er seinem Kunden die 3,5 Mio. Euro bereits fest zugesagt hat.

„Wenn die Rechtslage unsicher ist, sollte der Kunde immer erst seinen Versicherer einschalten, bevor er irgendetwas anerkennt“, rät Georg Klinkhammer vom Deutschen Versicherungs-Schutzverband, der die Interessen von versicherten Unternehmen vertritt.

Das ist aber leichter gesagt als getan. „Bei Industriekunden ist der Druck zur Anerkennung ungleich höher als bei Privatkunden“, sagt der Kölner Versicherungsjurist Theo Langheid. So könnte der geschädigte Kunde seinem Zulieferer drohen, dass er keine Aufträge mehr bekommt, wenn er sich nicht schnell schuldig bekennt.

Zitat:

“ „Bei Industriekunden ist der Druck zur Anerkennung hoch““ – Theo Langheid, Jurist –

Quelle: Financial Times Deutschland


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