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Firmen kritisieren Umweltpolicen

Posted By Anja Krüger On 18. Januar 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Versicherungen sollen mehr Haftungsschäden abdecken · Neues Geschäftsfeld

Vertreter der Industrie verlangen deutliche Änderungen an den Versicherungsbedingungen für Haftungsansprüche nach dem neuen Umweltschadengesetz. „Es muss erheblich nachgebessert werden“, sagte Gregor Köhler, Chef der Bayer-Tochter Pallas. Sie kauft für den Konzern die Deckungen ein. Besonders problematisch seien die umfangreichen Ausschlüsse. „Ich habe den Eindruck, die versicherungsgebende Wirtschaft versucht nur, einen weiteren profitablen Zweig zu bekommen“, sagte er bei einer Fachkonferenz in Hamburg.

Im November 2007 ist das neue Umweltschadengesetz in Kraft getreten. Unternehmen, Selbstständige und Landwirte müssen für Schäden aufkommen, die sie der Biodiversität zufügen, das heißt der Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten und ihrer Lebensräume. Bisherige Haftpflichtverträge decken diese Schäden nicht.

Industrieversicherer bieten Policen für die Regulierung der Schäden nach den neuen Bestimmungen an. Bei HDI-Gerling kostet ein Vertrag mit einer Versicherungssumme von 3 Mio. Euro für ein mittelständisches Unternehmen mit einem Umsatz von 250 Mio. Euro je nach Standort und Risiko zwischen 5000 und 10 000 Euro im Jahr.

Die Anbieter orientieren sich weitgehend an Musterbedingungen der Branche. Sie sehen Leistungen nur dann vor, wenn der Schaden durch einen Störfall verursacht wurde. Wird die Natur durch den Normalbetrieb beeinträchtigt, wollen die Versicherer nicht zahlen – das Unternehmen haftet aber. „Die Lücke zwischen Haftung und Deckung ist aus Sicht der Industrie zu groß“, sagte Georg Klinkhammer vom Deutschen Versicherungs-Schutzverband, der Unternehmen und Kommunen vertritt. Bayer-Einkäufer Köhler dagegen hält diese Frage nicht für zentral. Gravierender sei, dass die Versicherer 24 Tatbestände ausschließen, die teilweise elementare Geschäftspraktiken betreffen. Dazu gehören die Lagerung und Entsorgung von Abfällen sowie die Herstellung, Lieferung, Verwendung oder Freisetzung von Pflanzenschutz- oder Düngemitteln. Für die chemisch-pharmazeutische Industrie sei das nicht akzeptabel, sagte Köhler.

Die Versicherer nehmen die Kritik der Industrie anscheinend auf. „Das Thema ist für uns alle Neuland“, sagte Hans-Georg Neumann von HDI-Gerling. „Wir müssen in den Einzelfall gehen.“ Im Einzelfall sei die Deckung von Schäden aus dem Normalbetrieb denkbar. Neumann lehnt es aber ab, sie standardmäßig aufzunehmen. Auch bei Ausschlüssen werde es eine Tendenz zu individuellen Verträgen geben, kündigte er an. „Wir müssen uns mit Ausschlüssen auseinandersetzen. Das tun wir gerade.“

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland


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