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Re bekommt Contra

Posted By Herbert Fromme On 12. Juni 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Das Finanzzentrum Dubai International Finance Center sucht neben dem Bankgeschäft neue Felder und hat nun die Rückversicherung entdeckt. Das bleibt nicht ohne Gegenwehr der Konkurrenz

VON Herbert Fromme Das Emirat Dubai versucht mit aller Macht, sich als Rückversicherungszentrum zu etablieren, spürt aber scharfen Gegenwind aus benachbarten Ländern. Vor allem Katar und Saudi-Arabien wollen Dubai nicht kampflos die regional führende Rolle überlassen.

Der hohe Ölpreis beschert der Region einen Infrastrukturboom – und Hochhäuser, Häfen sowie Flughäfen müssen versichert werden. „Wir haben in den ersten zwei Monaten 100 Risiken geprüft und 20 gezeichnet, das ist sehr gut“, sagt Mark Byrne, Chef des Bermuda-Rückversicherers Flagstone Re.

Flagstone nahm 2007 sein Geschäft in Dubai auf. „Viele führende Unternehmen sind bereits hier, dazu zählen AIG, Generali, Allianz sowie Flagstone Re“, sagt Omar Bin Sulaiman, Gouverneur des Dubai International Financial Centers (DIFC). Das DIFC, beheimatet in einem gigantischen, dem Arc de Triomphe nachempfundenen Gebäudekomplex, kann bereits große Erfolge im Bankenbereich vorweisen. Vor allem Investmentbanken haben sich angesiedelt. Seit die Beschränkungen des Verkaufs von Fonds an Einwohner aufgehoben wurden, sind auch Retail-Banken verstärkt interessiert. Eine ganze Reihe deutscher Banken sind vertreten. Jüngster Neuzugang war die Dresdner Bank, die am 5. Juni ihr Büro eröffnete.

In drei Jahren haben sich mehr als 600 Unternehmen im DIFC registriert – was nicht unbedingt die sofortige Aufnahme des Geschäftsbetriebs bedeutet. Das Finanzzentrum wirbt mit unbeschränkter ausländischer Eigentümerschaft, der Null-Besteuerung von Einkommen und Gewinnen und vollständiger Freiheit in Bezug auf Währungsgeschäfte.

Keine Kompromisse macht Dubai bei der Aufsicht. „Natürlich gibt es Steuervorteile, aber die Aufsicht entspricht in weiten Teilen der in Großbritannien“, sagt Byrne. Die Anlehnung an das englische Vorbild macht Sinn. So kann Dubai sich auf Vorbilder stützen, die sowohl mit EU-Recht als auch mit dem der USA zurechtkommen. Die DIFC-Registrierung kann deshalb schon ein paar Monate dauern. Im Großen und Ganzen begrüßt die Finanzbranche das Vorgehen der Aufsichtsbehörde. Dubai-Töchter sollen gar nicht erst in den Geruch geraten, die Regeln nicht genau einzuhalten.

Die Nachbarstaaten bleiben angesichts des DIFC-Erfolgs und des neusten Vorstoßes in die Rückversicherung nicht untätig. Auch sie haben dabei Erfolge. Der große Rückversicherer Hannover Rück hat sich mit der Tochtergesellschaft für das sogenannte Takaful-Geschäft – das sind Policen, die mit islamischem Recht vereinbar sind – in Katar und nicht in Dubai angesiedelt. Saudi-Arabien hat gerade eine eigene Rückversicherung zugelassen, Saudi Re in Riad.

Weltmarktführer Münchener Rück sitzt in Dubai, sieht dort aber auch Probleme. „Die Kostenvorteile von Dubai gegenüber anderen Standorten in der Region werden kontinuierlich geringer, das gilt zum Beispiel für Mietkosten“, sagt Christian Kraut, der für die Region zuständige Abteilungsleiter. „Dubai ist aber eher ein globales Zentrum als die übrigen guten Zentren in der Region“, sagt Flagstone-Manager Byrne. Auch sei es leichter, hier ein internationales Team anzusiedeln.

Bermuda-Gesellschaften, die mit US-Kapital ausgestattet sind, werden von Dubai besonders umworben. Nicht ohne Grund richtete das DIFC im März 2008 das sonst in Bermuda stattfindende World Insurance Forum mit 300 Teilnehmern aus. Den Hauptsitz in Dubai hat auch eine Neugründung aus diesem Bereich: Gulf Re ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Bermuda-Gruppe Arch und des Staatsfonds von sechs Golfstaaten, der Gulf Investment Corporation (GIC), die rund 2 Mrd. $ schwer ist. Das Unternehmen tritt in direkte Konkurrenz zu den in Dubai sehr aktiven Versicherern und Rückversicherern wie Allianz und Münchener Rück. Gulf Re wurde mit 400 Mio. $ kapitalisiert. Zunächst soll Gulf Re vor allem in der Golfregion tätig sein, anschließend die Präsenz auf Nordafrika und andere Nachbarregionen ausdehnen.

Arch ist weltweit als Erst- und Rückversicherer tätig und mit 4,34 Mrd. $ kapitalisiert. Nach Angaben von Arch-Chef Dinos Iordanou wird das neue Unternehmen nicht automatisch das Geschäft von den weitgehend staatlich betriebenen Ölgesellschaften der Region erhalten. „Wir werden auch jedes Risiko genau prüfen“, sagt er. GIC-Chef Hisham Al-Razzuqi verspricht, Gulf Re solle innerhalb weniger Jahre zu „dem führenden Rückversicherer“ in der Region werden – eine Kampfansage.

Zitat:

“ „Die Kostenvorteile werden kontinuierlich geringer“ “ – Christian Kraut,Münchener Rück –

Bild(er):

Sultan Ahmed bin Sulayem (l.), Vorstand von DP World, und Geschäftsführer Mohammed Sharaf (M.) passieren das DIFC (Bild links). DP World ist einer der weltgrößten Containerhafenbetreiber. Das Foto rechts zeigt den neuen Handelsraum der Standard Chartered Bank, eines der größten Handelscenter des Mittleren Ostens. Hier finden 200 Finanzexperten Platz – AFP (2)/Karim Sahib; Marwan Naamani

Quelle: Financial Times Deutschland


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