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Teurer Schutz vor der schwarzen Mattscheibe

Posted By Friederike Krieger On 18. Juni 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Veranstalter können Sportwettkämpfe gegen Ausfall versichern. Auch Terrordeckungen, die nach dem 11. September rar geworden sind, bietet die Assekuranz wieder an – zu einem entsprechenden Preis

VON Friederike Krieger Als Mitte Mai in der chinesischen Provinz Sichuan die Erde bebte, brachten die Erschütterungen selbst Bürogebäude in der 1600 Kilometer entfernten Hauptstadt Peking zum Schwanken. „Hätte das Erdbeben ein paar Hundert Kilometer weiter nordöstlich stattgefunden, wäre vielleicht das Olympiastadion in Mitleidenschaft gezogen worden“, sagt Sabine Bach vom Rückversicherer Münchener Rück. Die Wettkämpfe hätten dann verlegt oder im schlimmsten Fall abgesagt werden müssen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat für den Fall der Fälle eine Veranstaltungsausfall-Police abgeschlossen, an der auch die Münchener Rück beteiligt ist. Wenn die Wettkämpfe nicht wie geplant stattfinden, erhält der Veranstalter bis zu 415 Mio. $.

Solche Versicherungen sind für die Sportbranche von großer Bedeutung. Wird eine Sportveranstaltung komplett abgesagt, können die finanziellen Einbußen beträchtliche Ausmaße annehmen. „Der größte Teil des wirtschaftlichen Schadens resultiert aus entgangenen Sponsorengeldern und Einnahmen aus TV-Übertragungsrechten“, erklärt Hans-Jürg Steffen vom Rückversicherer Swiss Re. Für die Olympischen Spiele in Peking rechnet das IOC mit Einnahmen von rund 1,7 Mrd. $ aus Fernsehrechten.

Die Assekuranz verdient gut an der Sportbranche, glaubt Kai Bockelmann vom Versicherungsmakler Aon. „Der Umsatz aus der Fernsehvermarktung der Sportveranstaltungen wächst stark und damit auch die nachgefragten Versicherungssummen“, sagt er. Das hat auch Steffen beobachtet. Nicht nur die Preise für TV-Rechte steigen kontinuierlich. „Sowohl die Art als auch die Zahl der Medien, die sich um Übertragungsrechte bemühen, nimmt laufend zu“, sagt er. Inzwischen könne der Zuschauer Sportveranstaltungen nicht nur auf dem Fernseher, sondern auch via Handy und Computer verfolgen. Das bringt aber neue Risiken für die Versicherer mit sich. So kam es im Jahr 2006 zu einem Streit zwischen der Telekom und Arena. Die Tochter des Kabelnetzbetreibers Unitymedia hatte die Rechte für die Übertragung der Fußballbundesliga im Bezahlfernsehen erworben, die Telekom für die Übertragung im Internet. Da der Vertrag mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) nach Meinung der Telekom eine Übertragung via Satellit und Kabel nicht explizit ausschloss, strebte der Konzern eine Kooperation mit dem Pay-TV-Anbieter Premiere an. Arena protestierte, da die DFL ihr die Exklusivität der Fernsehübertragung zugesichert hatte. Die Telekom lenkte schließlich ein und beschränkte sich auf die Ausstrahlung der Spiele via Internet. Der Fall hätte aber auch vor Gericht landen können. „Aus einer solchen Konstellation können leicht Schadensersatzansprüche entstehen“, sagt Jürgen Görling vom Sportversicherer Hamburg-Mannheimer Sports. Die Versicherer betrifft das, weil Sportveranstalter auch Haftpflichtdeckungen bei ihnen kaufen.

Solche Policen sind auch bei Wettkämpfen wie den Olympischen Spielen wichtig. So ist denkbar, dass es durch einen Fehler eines Mitarbeiters zu einer Unterbrechung der Fernsehübertragung kommt und Sponsoren ihr Geld zurückfordern. Auch vonseiten der Zuschauer und Athleten sind Schadensersatzansprüche möglich. „Bei Massenveranstaltungen mit vielen hoch bezahlten Sportlern sollte die Haftpflichtdeckungssumme nicht unter 50 Mio. Euro liegen“, sagt Görling. Denn wenn Sportler durch Nachlässigkeiten des Veranstalters verletzt werden, kann das teuer werden. Görling verweist auf die Tennisspielerin Monica Seles, die 1993 während eines Turniers von einem Steffi-Graf-Fan niedergestochen worden war. Die während ihrer Genesung entgangenen Turniergelder und Sponsorenverträge im Wert von damals 50 Mio. DM stellte sie dem Veranstalter in Rechnung. Er hätte für mehr Sicherheit sorgen sollen. Für den Schaden musste der Veranstalter nur deshalb nicht aufkommen, weil es bis zu dem Zeitpunkt noch kein Attentat auf einen Sportler während eines Tennisturniers gegeben hatte und er damit nicht hätte rechnen müssen.

Spätestens seit dem 11. September ist das anders. Neben Naturkatastrophen zählen Terroranschläge zu den Hauptgefahren, die Sportwettkämpfe bedrohen. Die Rally Dakar 2008 musste wegen Attentatsdrohungen abgesagt werden. Kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center wollte die Assekuranz das Terrorrisiko am liebsten gar nicht mehr versichern. So kündigte der Versicherer Axa dem Fußballverband Fifa die Ausfallpolice für die Fußball-Weltmeisterschaft (WM) 2002 wegen der erhöhten Risikolage. Görling beobachtet, dass die Branche inzwischen wieder mutiger wird, wenn es um Terrordeckungen geht. Als nicht versicherbar gelten allenfalls Anschläge mit chemischen Kampfstoffen. „Das zusätzliche Risiko wird natürlich eingepreist“, sagt er. Die hohen Prämien schrecken manche Kunden ab. So hat die Fifa nach ihrer Abfuhr durch die Axa keine Ausfallversicherungen mehr für die WM abgeschlossen, sondern eine Katastrophenanleihe aufgelegt. Der europäische Fußballverband Uefa hat sich für die diesjährige Fußball-Europameisterschaft (EM) zwar gemeinsam mit den Organisatoren, den Stadieninhabern und den teilnehmenden Mannschaften „ein komplexes Versicherungssystem mit den größten Versicherungsfirmen“ zugelegt. Nach Angaben der Münchener Rück zählt eine Ausfallpolice aber nicht dazu. Schon für die EM 2004 hat der europäische Fußballverband wegen der hohen Preise abgelehnt. „Für die diesjährige EM hat die Uefa gar keine Ausfallversicherung mehr angefragt“, sagt Bach von der Münchener Rück. zählt eine Ausfallpolice aber nicht dazu. Schon für die EM 2004 hat der europäische Fußballverband wegen der hohen Preise abgelehnt. „Für die diesjährige EM hat die Uefa gar keine Ausfallversicherung mehr angefragt“, sagt Bach von der

Neben Ausfall- und Haftpflichtdeckung ist auch die Versicherung von Spitzenathleten wichtig, etwa gegen Unfall oder Sportinvalidität. So versichert Hamburg-Mannheimer Sports den Nationalkader des Deutschen Handballbunds und etliche Spieler der Fußballbundesliga. Die höchsten Deckungssummen liegen bei 7 bis 8 Mio. Euro für einen Spieler.

Fußballer gegen Sportinvalidität zu versichern, ist ein riskantes Geschäft. Selbst bei dem robustesten Fußballspieler sind im Alter von 40 Jahren die Bänder zerschlissen, das Karriereende ist programmiert. Die Policen laufen deshalb nur ein Jahr. Danach prüft der Versicherer, wie es um die Gesundheit des Sportlers bestellt ist, und entscheidet, ob er es noch ein weiteres Jahr wagen will.

Bild(er):

Alles gut im Blick: Paramilitärische Polizeibeamte begutachten Chinas Olympiastadion. Hier im „Vogelnest“ werden auch die Eröffnungsfeierlichkeiten stattfinden – AP/Greg Baker; Imago/Colorsport

Quelle: Financial Times Deutschland


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