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Ertragsmodell unter Druck

Posted By Friederike Krieger On 30. Juni 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Die Sparkassen müssen die Verluste der Landes- banken auffangen. Einschlechter Zeitpunkt, denn geradekämpfen sie selbst, etwa mit niedrigen Zinsmargen

VON Friederike Krieger Um die Landesbanken vor der Pleite zu bewahren, mussten die Sparkassen tief in die Tasche greifen. Dabei haben sie selbst genug Probleme: Ihre Geschäfte werfen immer weniger ab.

Eine Reihe von Landesbanken hat sich mit US-Ramschhypotheken verspekuliert. Für ihre Auslandsabenteuer müssen die Eigner aufkommen, zu denen auch etliche Sparkassenverbände zählen. So hat die WestLB ausfallgefährdete Papiere mit einem Volumen von 23 Mrd. Euro in eine Zweckgesellschaft ausgelagert, um die enormen Wertschwankungen nicht mehr in der Bilanz ausweisen zu müssen. Die rheinischen Sparkassen und die öffentlich-rechtlichen Geldinstitute in Westfalen-Lippe haften dafür mit rund 1 Mrd. Euro. Sie halten zusammen rund 50 Prozent an der Landesbank. Auch die BayernLB denkt darüber nach, Papiere im Wert von 24 Mrd. Euro auszulagern, für die der Sparkassenverband Bayern mit 2,4 Mrd. Euro bürgt.

Die Belastungen können für einzelne Sparkassen beträchtliche Ausmaße annehmen. Die zum Westfälisch-Lippischen Sparkassen- und Giroverband gehörende Sparkasse Hochsauerland musste von ihrem Betriebsergebnis 2007, das sich auf rund zehn Mio. Euro vor Bewertung belief, 4,1 Mio. Euro für etwaige Verluste der WestLB zurückstellen. „Deshalb konnten wir unsere Eigenkapitalbasis nicht verstärken“, sagt Vorstandsvorsitzender Peter Wagner. Negative Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit oder das gesellschaftliche Engagement vor Ort haben die hohen Rückstellungen nach Wagners Einschätzung aber nicht. Allerdings erhält die Gemeinde wegen des geschmälerten Gewinns erheblich weniger Gewerbesteuer.

Den Sparkassen bleibt die Hoffnung, dass das Geld nicht vollkommen verloren ist. „Wenn die Papiere bei Fälligkeit einen angemessenen Preis erzielen, können die Rückstellungen wieder aufgelöst werden“, erklärt Michaela Roth vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Es kann aber auch anders kommen. Die Verluste könnten auch so hoch ausfallen, dass die Sparkassen noch Geld zuschießen müssen.

Die Belastungen durch die Landesbanken kommen zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn die Erträge der öffentlich-rechtlichen Institute geraten zunehmend unter Druck. „Viele Sparkassen leiden unter Ertragsschwäche“, sagt Unternehmensberater Bernd Nolte. Sie sind hauptsächlich im Einlagen- und Kreditgeschäft mit Privatkunden und dem Mittelstand tätig. Der sogenannte Zinsüberschuss ist ihre Haupteinnahmequelle. Die Sparkassen leben davon, dass sie das Geld, das ihre Kunden bei ihnen anlegen, zu höheren Zinsen weiterverleihen. „Die Zinsmarge ist eng geworden“, erläutert Roth vom DSGV. Die Banken liefern sich einen harten Konditionenwettbewerb und locken die Sparer mit immer höheren Zinsen.

Auch vonseiten der Kreditnehmer gerät der Zinsüberschuss unter Druck. So beobachtet Wagner von der Sparkasse Hochsauerland, dass auch im Geschäftskundenbereich ein anderer Wind weht, seit sich immer mehr Unternehmen einem Rating unterziehen. „Die Verhandlungsfähigkeit von Kunden mit besonders gutem Rating ist enorm gestiegen“, sagt er. Es herrsche ein harter Wettbewerb um diese Klientel, der auf die Kreditzinsen drückt. Der Zinsüberschuss der Sparkassen-Finanzgruppe sank im vergangenen Jahr um 1,4 Mrd. Euro auf 20,9 Mrd. Euro.

Um den Zinsdruck abzufedern, wollen die Sparkassen stärker auf Pfandbriefe setzen. Sie ermöglichen eine günstigere Refinanzierung als die Spareinlagen. „Auch Provisionserträge sind zu einem wichtigen Stellhebel geworden“, sagt Roth. Der Provisionsüberschuss stieg 2007 um 220 Mio. Euro auf 6,2 Mrd. Euro. Künftig soll dieser Einnahmeposten noch üppiger ausfallen, um die mageren Zinsmargen wettzumachen. Dafür müssen die Mitarbeiter aber aktiver als bisher auf die Kunden zugehen.

„Die Sparkassen-Berater müssen von Anglern zu Jägern werden“, erklärt auch Unternehmensberater Nolte. Bisher herrscht in den Sparkassen-Filialen keine sonderlich ausgeprägte Verkaufskultur. Zudem müssten die Sparkassen ihre Filialen einladender gestalten, um mehr Kunden anzuziehen, und attraktivere Produkte entwerfen. „Das bringt mehr als abstrakte Imagekampagnen“, erklärt Nolte. Viele Kunden ordnen seiner Einschätzung nach die rote Sparkassenwerbung mit dem Slogan „Gut für Deutschland“ eher der SPD zu als einem Geldinstitut.

Die Sparkassen sollten auch die Konsolidierung der Unternehmen im Verbund vorantreiben, sagt Nolte. Es gehe hier nicht nur um Zusammenschlüsse der Rechenzentren. „Sparkassen, die schlecht verdienen, sollten rechtzeitig mit stärkeren Instituten fusionieren“, rät er. Derzeit würden Zusammenschlüsse hinausgezögert, bis eine Sparkasse fast pleite sei. Fusionen sind wegen der kommunalen Trägerschaft der Geldinstitute stets ein politisch brisantes Feld. „Damit nimmt man einem Landrat sein Lieblingsspielzeug weg“, sagt Nolte.

Zitat:

“ „Viele Sparkassen leiden unter Ertragsschwäche“ “ – Bernd Nolte, 4P Consulting –

Quelle: Financial Times Deutschland


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