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New York nimmt es mit Lloyd’s auf

Posted By Herbert Fromme On 9. Juli 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Wiederbelebter Versicherungsmarkt soll London und Bermuda Konkurrenz machen

Von Sebastian Bräuer, New York,und Herbert Fromme, Köln Der Staat New York will die seit 21 Jahren geschlossene Versicherungsbörse New York Insurance Exchange wiederbeleben und versucht damit erneut, dem Versicherungsmarkt Lloyd`s of London Konkurrenz zu machen. Versicherungsaufseher Eric Dinallo sagte gestern, schon Ende 2009 könne der Marktplatz für Versicherungs- und Rückversicherungsdeckungen erneut funktionsfähig sein. In einem solchen Markt können Anleger und Versicherer sich in Gruppen – sogenannten Syndikaten – zusammenschließen und große Risiken leichter übernehmen.

Lloyd`s of London gilt weltweit als bedeutender Umschlagplatz für Versicherungsdeckungen. Selbst Größen wie Allianz oder Münchener Rück machen über London Geschäfte. Die USA sind der wichtigste Markt für Lloyd`s.

Mit seinem Engagement will Dinallo auch einen Teil des nach Bermuda gehenden Kapitals in New York halten und die Stadt als Versicherungsstandort stärken. Bermuda hat sich dank günstiger Steuergesetzgebung zum größten Versicherungs- und Rückversicherungszentrum Nordamerikas entwickelt – das Kapital stammt fast ausschließlich von US-Investoren. Prominente US-Politiker haben dem Versicherungsstandort Bermuda den Kampf angesagt. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Barack Obama hat mehrfach bekräftigt, gegen Steueroasen vorgehen zu wollen, und die Inselgruppe im Atlantik explizit erwähnt.

Der New Yorker Versicherungsexperte David Schiff geht davon aus, dass die Initiative Dinallos auf Investoren und Versicherer zurückgeht. „Offenbar haben Versicherer Dinallo zu erkennen gegeben, dass es einen Bedarf dafür gibt“, sagte Schiff, der die Fachzeitschrift „Schiff`s Insurance Observer“ herausgibt. Die Initiative sei erfolgversprechend: „Heute sind die Rahmenbedingungen besser als in den 80er-Jahren.“

Die alte Insurance Exchange war 1980 mit einer gewaltigen PR-Aktion und dem ausdrücklichen Ziel gegründet worden, Lloyd`s das Wasser abzugraben. Die Struktur war ähnlich wie die in London: Versicherungskapazität wurde von Syndikaten aus Investoren und Versicherern zur Verfügung gestellt, die einen entsprechenden Sicherungsfonds füttern mussten; die Geschäfte vermittelten speziell zugelassene Makler.

Die Gesetze, auf denen die 1980 in New York gegründete und 1987 geschlossene Börse beruhte, seien noch gültig, sagte Dinallo gestern. Er glaubt, dass Hedge-Fonds, Private Equity und Investmentbanken großes Interesse an einem Versicherungsmarkt in New York haben könnten. Sie würden in einem Feld investieren, dessen Risikostruktur kaum mit ihren Anlagerisiken korreliert.

Wegen des gescheiterten Versuchs in den 80er-Jahren sind US-Experten heute vorsichtiger, wenn es um direkte Konkurrenz zu Lloyd`s geht. Angesichts der Größe von Lloyd`s wertet Schiff den Vorstoß nicht als direkten Angriff. „Es würde lange dauern, bis der neue Markt zum Rivalen von Lloyd`s werden könnte.“

In der äußerst schwierigen Marktphase ab 1985 hatte sich herausgestellt, dass die Syndikate der alten New York Insurance Exchange zu unerfahren und nicht ausreichend kapitalisiert waren. Sie hatten Geschäfte zu unzureichenden Bedingungen akzeptiert. Die Börse machte 1985 und 1986 schwere Verluste. Acht Syndikate wurden 1987 zahlungsunfähig, zehn Syndikate – darunter die von Allianz und Axa geführten – verließen im selben Jahr den Markt. Am 23. November 1987 beschlossen die Mitglieder der New York Insurance Exchange, keine neuen Risiken mehr zu akzeptieren und das bestehende Geschäft abzuwickeln. In ihrem besten Jahr 1984 hatte die Börse Prämieneinnahmen von 345 Mio. $.

Quelle: Financial Times Deutschland


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