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Versicherungsstadt ist zurück an der Spitze

Posted By Herbert Fromme On 26. September 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Die Zahl der Niederlassungen und Angestellten in Köln wächst wieder. Jetztfordern die Konzerne von der Stadt mehr Schulen, besseren Wohnraum und eindichtes Nahverkehrsnetz

VON Herbert Fromme

Der Trend hat sich gedreht. Nach vier Jahren Arbeitsplatzabbau in der Versicherungsbranche kann Köln wieder einen, wenn auch leichten, Zuwachs verzeichnen. 2007 waren 26 520 Menschen in der Assekuranz beschäftigt, 70 mehr als im Vorjahr. Hinzu kommen noch Hunderte von Selbstständigen sowie zahlreiche Betriebe mit Zuarbeitsfunktionen, von Werbeagenturen bis versicherungsmathematischen Gutachtern. Damit ist Köln statistisch gesehen weiter die Versicherungsstadt Nummer eins in Deutschland, mit knappem Vorsprung vor München mit 26 030 Angestellten.

Die schwere Krise des Gerling-Konzerns, die ab 2002 die Stadt in Atem hielt und mit dem Verkauf an die Hannoveraner Talanx 2005 noch nicht zu Ende war, wirkt bis heute nach. Die Welle von Umzügen nach Hannover oder aus Hamburg und Wiesbaden nach Köln ist abgeschlossen oder läuft geräuschlos, ebenso wie der Arbeitsplatzabbau bei der Allianz – Bestandteil des Gesamtumbaus des Marktführers.

Gleichzeitig wird Köln zum Gewinner des Umbaus bei anderen Gesellschaften. Die Axa verlagert nach der Übernahme der Wiesbadener DBV-Winterthur alle Stabsfunktionen in die Domstadt. „Die Axa wächst in Köln. Wir rechnen damit, dass noch 500 Mitarbeiter aus Wiesbaden zuziehen. Dann kommen wir in Köln etwa auf 6200 Kollegen“, sagt Frank Keuper, Vorstandschef des zur französischen Axa-Gruppe gehörenden deutschen Konzerns. Auch der Umzug der Deutschlandzentrale des Generali-Konzerns von Aachen nach Köln wird einige Hundert Arbeitsplätze verlagern.

Neugründung oder Abwanderung nach Köln sind populär bei Versicherungsmanagern. Das zeigen der britische Autoversicherer Admiral, die Zeichnungsagentur Köln Assekuranz der Münchener Rück, der Schweizer Versicherer und Rückversicherer Glacier, die aus Düsseldorf zugezogene Mitsui Sumitomo sowie die Neueröffnung eines Deutschlandbüros des spanischen Marktriesen Mapfre.

Der französische Rückversicherer Scor verlegte nach Übernahme der Kölner Gesellschaft Revios seine Deutschlandzentrale von Hannover nach Köln. Vor zwei Jahren hat Scor-Chef Denis Kessler auch den Schweizer Konzern Converium gekauft. Eine große Tochterfirma des Konzerns – glücklicher Zufall – hatte ihren Sitz in Köln. Jetzt will Scor möglichst rasch die verschiedenen Unternehmensteile räumlich zusammenbringen.

Auch etablierte Gesellschaften loben den Standort. „Unternehmerfreundliches Klima, die vielfältige Forschungslandschaft und die Lebensqualität in der Stadt“ sind laut Gothaer-Chef Werner Görg die wichtigsten Faktoren. Die Gothaer ist mit 3000 Angestellten einer der großen Arbeitgeber der Branche. Für Görg ist der Schulterschluss mit der Uni und der Fachhochschule bedeutend, beide haben Versicherungs-Studiengänge und liefern Fachkräfte. Die der Münchener Rück gehörende Ergo-Gruppe beschäftigt knapp 3800 Angestellte in der Domstadt. Der große Anbau bei der Ergo-Gesellschaft DKV sei ein „klares Bekenntnis zu Köln“, sagt Vorstand Hans Josef Pick.

Allerdings hat die Branche auch klare Wünsche. „Die Versicherungswirtschaft ist nicht die einzige Branche, die ihre Zentralen nach Köln verlegt“, sagt Axa-Chef Keuper und bezieht sich auf den IT-Konzern Microsoft, dessen NRW-Zentrale gerade nach Köln umzieht.

„Je mehr Firmen nach Köln kommen, desto wichtiger wird es, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen“, so Keuper. Bei der Suche nach guten Angestellten, dem „War for Talents“, spiele die Infrastruktur eine große Rolle. „Köln muss nachhaltig dafür sorgen, dass die Infrastruktur auf hohem Niveau bleibt und ausgebaut wird.“ Das gelte nicht nur für den öffentlichen Nahverkehr, so der Chef der im rechtsrheinischen Holweide angesiedelten Axa. „Auch Schulen, Kindergärten und die Kultur machen die Stadt attraktiv“, so Keuper, der im nächsten Atemzug das „insgesamt sehr gute Verhältnis zwischen Stadt und den Unternehmen“ betont.

Quelle: Financial Times Deutschland


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