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Für Verbriefungen ist genug Kapital vorhanden

Posted By Anja Krüger On 27. Oktober 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Die Assekuranz transferiert Risiken in den Kapitalmarkt und bietet Investoreneine Wette gegen den Eintritt von Naturkatastrophen an

So mancher Manager US-amerikanischer Fonds wird bis Ende Mai 2009 mit höchster Aufmerksamkeit die Wetterverhältnisse am Golf von Mexiko beobachten. Gibt es dort keinen Katastrophenalarm, werden viele Fonds gute Gewinne einstreichen. Kommt es aber zu Hurrikans oder anderen dramatischen Naturereignissen, verlieren sie viel Geld.

Die Hannover Rück hat die Risiken von Erstversicherern, die diese in der Region decken, in einer Anleihe gebündelt und Investoren zu einer 133 Mio. $ schweren Wette eingeladen, die ein Jahr läuft. Kommt es in diesem Zeitraum nicht zu einer Naturkatastrophe, erhalten die Anleger ihr Kapital zurück und einen saftigen Extrazins. Passiert etwas, geht das Geld an die Sturmgeschädigten, je nach Schadenhöhe möglicherweise die gesamten 133 Mio. $. Dieses Konstrukt nennt die Finanzbranche Verbriefung von Versicherungsrisiken. Für die Hannover Rück ist es lukrativ, weil sie dafür Gebühren einstreicht.

Verbriefungen sind durch die Finanzkrise in Verruf geraten. Der über dieses Instrument erfolgte Transfer fauler Kredite in den Kapitalmarkt gilt als Auslöser der Turbulenzen. Doch die Verbriefung von Versicherungsrisiken hat damit nichts zu tun. Das Geschäftsmodell funktioniert anders. Die Investoren kennen das übernommene Risiko viel besser, sagt Hannover Rück-Sprecher Stefan Schulz. „Sie sind näher am Risiko.“ Außerdem ist die Wette auf Naturkatastrophen nicht so kompliziert und verschachtelt wie die auf Kredite.

Bei jeder einzelnen Verbriefung von Versicherungsrisiken wird eigens eine Zweckgesellschaft gegründet. Sie gewährt einem Erst- oder Rückversicherer gegen eine Prämie Deckung für ein exakt definiertes Risiko, etwa einen Sturm ab einer bestimmten Windstärke. Die Zweckgesellschaft verkauft eine Anleihe an Investoren und steckt das eingenommene Kapital in sichere Anlagen. Bleibt das Schadenereignis aus, verdienen die Investoren viel, tritt es ein, verlieren sie Geld. Der Extrazins für die Anleger stammt aus der Prämie.

Die Verbriefung der Mexiko-Risiken ist die erste, die Hannover Rück als Dienstleister für Erstversicherer aufgelegt hat. Investoren sind vor allem US-amerikanische Fonds, darunter viele Hedge-Fonds, berichtet Schulz. Trotzdem hat die Hannover Rück in diesem Bereich bereits Erfahrungen. Seit 1994 hat sie rund 20-mal eigene Risiken verbrieft und in den Kapitalmarkt gegeben. Das ist für den Rückversicherer eine Alternative zum Kauf eigener Deckung, der Retro-Rückversicherung.

Der Markt der Versicherungsverbriefung ist in kurzer Zeit extrem gewachsen. Nach Angaben des Rückversicherers Swiss Re, einem Pionier auf diesem Feld, betrug das Volumen der verbrieften Versicherungsrisiken im Jahr 2007 rund 37,9 Mrd. $, zehn Jahre zuvor war es nicht einmal 1 Mrd. $. In diesem Jahr hat das Volumen bis zum 1. Oktober bereits 37,2 Mrd. $ erreicht.

Die Hannover Rück geht davon aus, dass zurzeit das Wachstum gebremst ist. „Es gibt eine gewisse Sättigung“, sagt Schulz. Dagegen glaubt die Münchener Rück, dass der Markt noch deutlich wachsen wird. „Verbriefungen sind aus unserer Sicht ein wichtiges ergänzendes Instrument des Risikotransfers“, sagt Rupert Flatscher, Leiter Risk Trading bei der Münchener Rück. Das Unternehmen erwartet, dass frei werdende Liquidität auslaufender Verbriefungen von Katastrophenrisiken wie Stürmen oder Erdbeben für die Wiederanlage zur Verfügung steht. Für Investoren sei diese Form der Anlage attraktiv, weil sie nicht mit anderen Risiken am Kapitalmarkt in Wechselwirkung steht. „Ob ein Hurrikan kommt oder sich ein Erdbeben ereignet, hat nichts mit Subprime oder Finanzkrise zu tun“, sagt er.

Investoren haben Interesse an Verbriefungen, ist auch Jan-Oliver Thofern überzeugt, Deutschland-Chef des Rückversicherungsmaklers Aon Re. „Der Markt ist lebendig.“ Der weltweit größte Makler wickelt Verbriefungen über die Tochter Aon Capital Markets ab. „Es gibt genug Kapital für Verbriefungen“, glaubt Thofern. „Wir gehen davon aus, dass im vierten Quartal weltweit 2,4 Mrd. $ zur Verfügung stehen, mit denen Verbriefungen neu aufgelegt oder erneuert werden.“ Den Sprung in neue Sparten habe die Verbriefung noch nicht geschafft. Aktivitäten im Kfz-Bereich, die etwa die Axa begonnen hat, blieben vorerst die Ausnahme.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland


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