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Online-Autoversicherung boomt

Posted By Herbert Fromme On 5. November 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Marktanteil der Direktanbieter deutlich höher als bisher angenommen · Marke wird immer wichtiger

Von Herbert Fromme, München

Das Buhlen der Autoversicherer um wechselwillige Kunden spielt sich zu einem deutlich größeren Anteil im Internet ab als bisher angenommen. Davon sind Stephan Gabriel und Helmut Kühl überzeugt, beide Anteilseigner und Aufsichtsratsmitglieder des Augsburger Internetvergleichsportals Aspect Online.

„Wenn man die Marktanteile nach der offiziellen Statistik zusammenzählt, kamen Direkt- und Internetanbieter 2006 auf 5,5 Prozent“, sagte Kühl, bis 2006 Vorstandsmitglied der Volksfürsorge, der FTD. Das allein wäre schon eine Verdreifachung gegenüber 1996. „Aber der tatsächliche Marktanteil für Pkw im freien Markt liegt deutlich über 13 Prozent und steigt kräftig an“, sagte Kühl. Denn man müsse Nutzfahrzeuge sowie die großen Firmenflotten herausrechnen. „Für Anbieter ohne Onlineangebot wird es bald sehr eng“, sagte er.

Zurzeit haben Autoversicherer Hochsaison. Bis Ende November können Kunden Verträge kündigen, um ab Januar bei einem anderen Versicherer abgedeckt zu sein. Rund vier Millionen Autohalter nutzen das jedes Jahr. Seit 2004 fallen die Preise. Dennoch haben die meisten Autoversicherer gutes Geld verdient, denn die Schadenhäufigkeit ging ebenfalls zurück. Außerdem erzielen sie in dieser Sparte hohe Erträge aus Kapitalanlagen. Ein Ende des Preiskriegs ist nicht in Sicht.

„Neben dem Internet kommt auch Druck von den Autoherstellern, die immer mehr Verträge zusammen mit ihren Neuwagen verkaufen“, sagte Kühl. Bislang schreckten viele Versicherer vor Online-Angeboten zurück, weil sie ihre Vertreter nicht verärgern wollten. „Das Argument wird angesichts kräftiger Marktanteilsverluste bald nichts mehr gelten.“ Kühl erwartet mehr als zehn Neugründungen in den nächsten zwei Jahren. Mit der R+V 24 ist gerade eine weitere große Gesellschaft mit einem Internetversicherer an den Start gegangen, auch HDI-Gerling forciert das Geschäft. Gut etabliert sind bereits HUK 24 und Allianz 24.

Aspect Online sieht sich nach Einsurance als Zweiter im Markt der Vergleichsportale. Das Geschäftsmodell: Kunden kommen auf die Website, geben Daten ein und lassen sich in wenigen Sekunden mehrere vergleichbare Angebote erstellen. Dann können sie direkt zum Versicherer weiterklicken. „Wir führen ungefähr eine Million Vergleiche pro Jahr durch“, sagte Gabriel. Davon führten 25 000 zu einem über die Website geleiteten Abschluss, für den Aspect eine Provision vom Versicherer erhält. „Meistens sind das 80Euro bis 100 Euro“ , sagte Gabriel. Weitere rund 50 000 Kunden klicken nicht über das Portal, sondern gehen direkt zur Website des Versicherers. Über Tracking-Technologien kann der Versicherer oft sehen, ob der Kunde vorher auf einer Vergleichsplattform war. „Wir diskutieren noch mit den Versicherern, wie sie das vergüten.“

Aspect Online hat die Besonderheiten des Marktes untersucht. „Ein Kernergebnis ist, dass Onlineversicherer weniger Gewinn machen als traditionelle Versicherer“, sagte Kühl. „Die Gewinnung von Marktanteilen geht zulasten der Profitabilität.“ Die Kundenstruktur zeigt, dass Internetversicherungskunden geringere Schadenfreiheitsrabatte als der Durchschnitt haben, eher größere Wagen fahren, die aber überdurchschnittlich oft gebraucht sind. „Das liegt daran, dass viele Neuwagenpolicen von den Autoherstellern verkauft werden“, sagte Gabriel. Von allen Abschlüssen über das Portal stammen 73 Prozent von Versicherungswechslern, nur sechs Prozent von Neuwagenkäufern und 21 Prozent von Gebrauchtwagenkäufern.

Rund drei Viertel der Onlinekäufer wählen gern den billigsten Anbieter des Preisvergleichs, die Bedeutung dieser Position geht aber zurück. „Neben dem Preis zählt zunehmend die Marke sowie die Qualität der Versicherungsbedingungen“, sagte Gabriel. Deshalb müssten etablierte Anbieter mit ihrer eigenen Marke ins Internet und nicht einer Zweitmarke.

www.ftd.de/autopolicen

Online auf dem Vormarsch

Quelle: Financial Times Deutschland


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