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„Der Markt steht vor einer Wende“

Posted By Herbert Fromme On 26. November 2008 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Autoversicherungen werden für Großkonzerne deutlich teurer · Interview mit HDI-Gerling-Chef Hinsch

VON herbert fromme, Berlin

Privatleute können in diesen Tagen noch deutlich niedrigere Preise für die Autoversicherung in 2009 aushandeln. Große Konzerne mit mehreren Tausend Fahrzeugen und einem schlechten Schadenverlauf müssen eher mit Preiserhöhungen rechnen, sagte Christian Hinsch, Vorstand des Talanx-Konzerns und Chef der Tochter HDI-Gerling Sach. Zu ihr gehört auch der Industrieversicherer HDI-Gerling Industrie, neben der Allianz einer der Marktführer in der deutschen Industrieversicherung.

„Fahrzeugflotten, die verlustbringend sind, werden saniert“, sagte Hinsch im FTD-Interview. Mit „Sanierung“ bezeichnet die Branche massive Preiserhöhungen. „Das Autoflottengeschäft ist immer ein Frühindikator dafür, dass sich der Trend im gesamten Industrieversicherungsmarkt dreht“, sagte er. Wenn die großen Anbieter bei Kfz-Flotten die Preise erhöhten, heiße das nicht, dass die Kunden nicht noch Versicherer mit niedrigen Preisen finden. „Aber da sind dann in der Regel Amateure am Werk, die nicht in der Industrieversicherung zu Hause sind und ihre Zahlen in der privaten Kraftfahrtversicherung schönen möchten.“

Seit vier Jahren sinken die Preise in der Industrieversicherung. Für die Verträge für 2009, die zurzeit verhandelt werden, setze sich der Trend mit ersten Ausnahmen wie den Autoflotten noch fort. „Der Markt wird 2009 seine Wende finden“, sagte Hinsch. Das wirke sich dann 2010 in deutlich höheren Preisen für Industriekunden aus. Dazu trägt die Finanzkrise bei, weil sie die Kapitalanlagen der Versicherer trifft. „Manche Gesellschaften müssen mit Abschreibungsbedarf auf Aktien und bei Emittenten wie Lehman oder anderen rechnen, die drei bis vier Prozent der Kapitalanlagen entsprechen können“, sagte Hinsch. Versicherungstechnisch sei der Markt 2008 höchstens ausgeglichen, eher wohl leicht negativ. Das heißt, Schadenaufwand plus Verwaltungs- und Vertriebskosten sind höher als die Prämieneinnahmen. „Wenn da die Kapitalanlagen auch noch schlecht aussehen, geht der technische Verlust voll in das Unternehmensergebnis“, sagte er. Das sporne zu Preiserhöhungen an.

HDI-Gerling Sach rechne gegen den Markttrend für 2008 noch mit einem leichten technischen Gewinn – trotz eines Prämienrückgangs von rund vier Prozent in der Industrieversicherung auf 2,4 Mrd. Euro. „Bei den Investitionen waren wir immer sehr konservativ“, sagte er. Auf die 10 Mrd. Euro Anlagen der HDI-Gerling Sach seien Abschreibungen von knapp 150 Mio. Euro zu erwarten.

Die Probleme des US-Marktriesen AIG beobachtet er sehr genau. Die Gruppe entstand 2006 aus der Fusion von HDI und Gerling, „und Gerling war auch schon einmal in Schwierigkeiten“, sagte Hinsch. Er verstehe, dass Kunden und Makler kein Interesse an der Schwächung von AIG hätten. „Damals haben wir von dieser Haltung profitiert.“

Allerdings sei klar sichtbar, dass AIG-Kunden unruhiger würden. „Die Unruhe ist bei Sparten mit lang laufenden Risiken, also vor allem in Haftpflicht, größer als bei kurzfristigen Sparten wie der Feuerversicherung“, sagte er. Im deutschen Markt sei im Gegensatz zu London nicht zu beobachten, dass Makler große AIG-Bestände den Rivalen anböten. Auf der Preisseite wirke sich die AIG-Situation aber nicht positiv für die Branche aus.

Hinsch erklärte die Zusammenführung der beiden früheren Konkurrenten HDI und Gerling für abgeschlossen. „Wir haben noch Bedarf in der IT und im Finanzressort“, sagte er. Die Fusion von zwei jahrzehntelang gewachsenen IT-Systemen sei sehr komplex.

Quelle: Financial Times Deutschland


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