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Swiss-Re-Chef stolpert über Verlust

Posted By Herbert Fromme On 13. Februar 2009 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Stefan Lippe ersetzt Jacques Aigrain · Kreditabsicherungen bescheren Konzern1 Mrd. Franken Minus

Von Herbert Fromme, Köln

D er Rückversicherer Swiss Re wechselt seine Führung aus. Der einstige Investmentbanker Jacques Aigrain, 54, verlässt den Konzern nach acht Jahren im Vorstand, von denen er drei Jahre an der Spitze stand. Nachfolger wird der 53-jährige Stefan Lippe. Der Deutsche Lippe gehört seit 2001 zur Swiss-Re-Führung, seit sechs Monaten als stellvertretender Chef.

Swiss Re hatte in der vergangenen Woche einen Verlust von 1 Mrd. Franken für 2008 angekündigt, während Konkurrent Münchener Rück einen Gewinn von 1,5 Mrd. Euro erzielte. Um das für Rückversicherer nötige gute Rating nicht zu verlieren, brauchte Swiss Re eine Kapitalspritze von Großinvestor Warren Buffett über 3 Mrd. Franken in Form einer Wandelanleihe, die mit stolzen zwölf Prozent verzinst wird. Der US-Investor könnte damit seinen Anteil an Swiss Re binnen drei Jahren auf mehr als 20 Prozent ausbauen, drei Prozent hält er bereits.

Seit November 2007 musste sich Aigrain gegen massive Kritik von Anlegern und Analysten wehren. Damals wurde bekannt, dass der zweitgrößte Rückversicherer der Welt sich mit der Absicherung von Kreditderivaten verhoben hatte. Das Geschäft gehört nicht zur klassischen Rückversicherung. Solche Deals haben auch den US-Versicherer AIG, die Bermuda-Gesellschaft XL und die amerikanischen Anleiheversicherer in große Schwierigkeiten gebracht. Durch die Absicherungsgeschäfte, die Swiss Re inzwischen abwickelt, kam bei Swiss Re 2008 ein Verlust von 6 Mrd. Franken zustande.

Der 55-jährige Aigrain, der sowohl die französische als auch die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzt, war 20 Jahre Investmentbanker bei JP Morgan in London und New York. Er wurde 2001 schon mit der Absicht zur Swiss Re geholt, ihn an die Spitze zu bringen. Anfang 2006 ersetzte er den unauffälligen John Coomber. Aigrain sollte mit neuen Ideen den damals bei 80 Franken dümpelnden Aktienkurs des Rückversicherungsriesen beflügeln, der 2001 noch bei 170 Franken notiert hatte. Am Donnerstag wurde das Papier zu 19,89 Franken gehandelt, ein Plus von fünf Prozent.

Rückversicherer übernehmen von Erstversicherern wie Allianz oder Zurich große Risiken. Aigrains Idee: Wie eine Bank Kreditrisiken nimmt und sie über Verbriefungen in den Kapitalmarkt gibt, sollten sich auch Rückversicherer eher als Risikohändler denn als Risikoträger sehen. Entsprechend großen Wert legte er auf Verbriefungen und andere Finanzinnovationen.

Die wurden ihm jetzt zum Verhängnis. Dass Aigrain die Übernahme und Integration des Rivalen GE Insurance Solutions erfolgreich über die Bühne brachte, nutzte ihm nichts. Die Börse hatte nach dem Bekanntwerden der Verluste ihr Urteil gefällt. Die katastrophale Kommunikationspolitik, schlechte Nachrichten häppchenweise zu publizieren, taten ihr Übriges.

Der neue Chef Stefan Lippe war schon in den vergangenen Jahren für das eigentliche Rückversicherungsgeschäft des Konzerns zuständig. Viele Mitarbeiter begrüßen seine Ernennung und hoffen, dass der Konzern sich jetzt auf sein angestammtes Geschäftsfeld konzentrieren kann. Lippe gilt, wie Aigrain, als enger Vertrauter des Ex-Konzernchefs Walter Kielholz, Verwaltungsratschef bei Credit Suisse und Stellvertreter bei Swiss Re. In der Schweiz wurden auch Rücktrittsforderungen gegen Kielholz und den Swiss-Re-Verwaltungsratspräsidenten Peter Forstmoser laut.

Quelle: Financial Times Deutschland


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