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Fondshaus HCI zapft Reeder an

Posted By Patrick Hagen On 10. März 2009 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Nutzer sollen mehr Eigenkapital für Schiffe stellen · Privatinvestoren haltensich zurück · Millionenverlust in 2008

VON Patrick Hagen, Hamburg

Das Hamburger Emissionshaus HCI Capital will zur Bewältigung der Krise die Reeder weitaus stärker als bisher in die Pflicht nehmen. Das Unternehmen sucht nach Wegen, um die Schifffahrtskrise zu überstehen. Weil sich kaum private Investoren finden, bei denen HCI Schiffsfonds platzieren kann, sollen die Nutzer der Schiffe sie teilweise selbst finanzieren.

„Die Reeder wissen, dass sie einen Anteil an der Eigenkapitalfinanzierung stellen müssen, wenn nicht platziert wird“, sagte HCI-Vorstandsvorsitzender Ralf Friedrichs gestern in Hamburg. „Wir schauen uns jetzt jedes einzelne bestellte Schiff genau an“, sagte er.

HCI ist Marktführer unter den Fondshäusern, die Eigenkapital bei Privatanlegern einsammeln und geschlossene Fonds auflegen, um Schiffe, Immobilien oder Ölplattformen zu finanzieren. Die Anleger sorgen für das Eigenkapital, der Rest wird über einen Bankkredit finanziert, der durch eine Hypothek abgesichert ist. Schiffe stellen das größte Segment im HCI-Portfolio dar. Die Schifffahrt steckt in einer tiefen Krise. Mehr als zehn Prozent der weltweiten Containerschiffsflotte liegt unbeschäftigt vor Anker. Fracht- und Charterraten – die Mietpreise für Schiffe – sind im Keller. Reeder und Emissionshäuser haben in Boomzeiten eine riesige Anzahl von Schiffen bestellt, die in den nächsten Jahren auf den Markt drängen. „Die Delle wird länger als nur ein paar Monate dauern“, sagte Finanzvorstand Andreas Pres.

HCI erwartet bis Ende 2012 die Lieferung von 80 bestellten Schiffen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass für viele der Projekte nicht genügend Anleger gefunden werden, die sie über Schiffsfonds finanzieren. „Es gibt erhebliche Risiken aus unserer Produktpipeline“, räumte Friedrichs ein. Er versucht Werften dazu zu bewegen, Neubauaufträge zu verschieben oder zu stornieren. „Wir sind mit Reedern und Banken in China unterwegs und verhandeln mit den Werften“, sagte Friedrichs. Es gebe auch schon Erfolge. Doch Branchenexperten gehen davon aus, dass die meisten Schiffe trotzdem abgeliefert werden.

In diesen Fällen könnte ein Modell in Frage kommen, bei dem die Reeder – die das Schiff für Gütertransporte einsetzen – mehr Eigenkapital stellen müssen. Ein Schiffsfonds finanziert in der Regel zwischen 35 Prozent und 45 Prozent des Schiffs, der Rest kommt von einer Bank. Der Reeder und spätere Mieter des Schiffs ist bei HCI-Projekten üblicherweise nur mit rund fünf Prozent der Gesamtkosten im Boot. Bei dem Reedermodell finanzieren die Banken mehr, der Reeder muss zusammen mit HCI gut 20 Prozent des Kaufpreises auf den Tisch legen. Das Modell könnte zur Überbrückung dienen, bis die Schiffe platzierungsfähig sind. Bei den Reedereien, die selbst unter der Krise leiden, dürfte der Vorschlag wenig Begeisterung auslösen. Wenn sie bestimmte Schiffe aber brauchen, bleibt keine Alternative.

Erleichtert zeigte sich Finanzvorstand Pres darüber, dass sich bei der angeschlagenen HSH Nordbank, der weltgrößten Schiffsbank, eine Lösung abzeichnet. Die HSH sei derzeit der wichtigste Ansprechpartner für HCI. „Sollte die HSH in die Insolvenz gehen, hätte das für uns dramatische Auswirkungen. Wahrscheinlich könnten wir dann ähnliches tun“, sagte Pres.

HCI meldete für 2008 einen Verlust von 16,8 Mio. Euro. Im vergangenem Jahr hatte HCI 30,6 Mio. Euro verdient. Schuld am Einbruch seien Sondereffekte, begründete das Unternehmen das Ergebnis. So habe HCI die Beteiligung am US-Immobilienprojekt NY Credit Operating Partnership für 34 Mio. Euro komplett abschreiben müssen. Das Volumen der platzierten Fonds ging um 8,7 Prozent auf 598,6 Mio.Euro zurück. HCI schlug sich jedoch deutlich besser als der Gesamtmarkt, der um 25,3 Prozent schrumpfte. Schiffsfonds waren mit 331,5 Mio. Euro das wichtigste Segment. Hier ging das Platzierungsvolumen besonders deutlich zurück, HCI sammelte 26,1 Prozent weniger Geld für Schiffsbeteiligungen ein als im Vorjahr.

Quelle: Financial Times Deutschland


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