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Rückversicherer zeigen sich risikoscheu

Posted By Katrin Berkenkopf On 9. April 2009 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Erstversicherer würden gerne mehr Verträge rückdecken, finden aber keineAbnehmer. Viele Schäden führen zu massiven Preissteigerungen

In Zeiten wachsender Schäden aus der Kreditversicherung wollen die Versicherer einen größeren Teil des Risikos an Rückversicherer weitergeben. Doch dafür gibt es zurzeit nicht genug Kapazität. „Das ist ein knappes Gut“, sagt Jan Müller, bei der Hannover Rück zuständig für das Kredit- und Kautionsgeschäft. „Auf absehbare Zeit rechne ich nicht mit einer Veränderung der Kapazität. Nicht zuletzt, weil es zur Rückversicherung derzeit keine Alternative, etwa auf den Kapitalmärkten, gibt.“

Die angespannte Lage bestätigen auch Makler. „Obwohl die Mehrheit der Rückversicherungsprogramme platziert werden konnte, gab es in einigen Ländern Deckungslücken“, sagt Jan-Oliver Thofern, Vorsitzender der Geschäftsführung beim Rückversicherungsmakler Aon Benfield. Für Makler sei es deshalb umso wichtiger, Risikovorsorge und Rückdeckung der Kunden zu optimieren.

„In Deutschland hat sich der Markt im Laufe der Erneuerung stark verhärtet“, berichtet Makler Thofern. Die Branche bezeichnet Phasen steigender Preise und restriktiverer Bedingungen als Marktverhärtung. Besonders kleinere Verträge hätten es schwer bei den Rückversicherern, sagt er.

Im sogenannten nicht-proportionalen Geschäft, bei dem die Rückversicherer einen bestimmten Teil des finanziellen Risikos der Erstversicherer oberhalb eines Selbstbehaltes übernehmen, gab es teilweise Erhöhungen der Prämien um 50 bis 100 Prozent, je nach Region war der Anstieg höher oder niedriger. „Wir erwarten weiter steigende Preise“, sagt Müller.

Ob es dazu tatsächlich kommt, hängt allerdings stark von der weiteren Schadenentwicklung ab, erklärt Elmar Schieder, Leiter des Bereichs Financial Risk bei der Münchener Rück. „Sollten die Maßnahmen der Kreditversicherer ab dem dritten Quartal sichtbar greifen, werden sich die Preise stabilisieren.“

Noch vor eineinhalb Jahren klagten die Rückversicherer über einen massiven Preisverfall durch neue Konkurrenten. Von denen ist jetzt in der Krise kaum noch etwas zu sehen. „Wenn die Wirtschaft Ende 2010 wieder auf einem guten Weg ist, bin ich aber sicher, dass es auch wieder neue Anbieter geben wird“, sagt Schieder.

Die Hürden für einen Markteintritt sind in der Rückdeckung von Kreditversicherungsrisiken besonders hoch, sagen die Experten. Aufseiten von Erst- und Rückversicherern stehen sich nur eine Handvoll Unternehmen gegenüber. Die Erfahrung aus der Vergangenheit lehrt, dass ein Erstversicherer es normalerweise seinen etablierten Partnern ermöglicht, Verluste zurückzuverdienen, sagt Schieder. „Das ist in der Kreditversicherung besonders wichtig, weil das Geschäft so zyklisch ist.“

Die Finanzkrise schweißt Erst- und Rückversicherer in der Kreditversicherung noch enger zusammen. „Wir sind noch viel öfter bei unseren Kunden“, sagt der Münchener-Rück-Experte. Das Portfolio-Management-Team sei bereits aufgestockt worden, weil die Nachfrage nach einer zweiten Meinung in der Risikoeinschätzung bei den Erstversicherern enorm gestiegen sei.

Ein ungelöstes Problem für die Rückversicherer ist die Besteuerung von Verträgen mit Erstversicherern in der Kautionsversicherung. Vergeblich hatte sich die Branche gegen eine Einführung der neuen Steuer zu Beginn des Jahres 2008 gewehrt. Jetzt laufen die Einsprüche bei den jeweiligen Finanzämtern – bis zu einer Entscheidung erhält der Fiskus ordnungsgemäß sein Geld.

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland


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