Hannover Rück umgarnt S&P

Versicherer will Kapitalbasis stärken · Konzernchef Ulrich Wallin imFTD-Interview

Von Herbert Fromme, Hannover

Die Hannover Rück will ihre Kapitalbasis in den kommenden Jahren aus eigenen Gewinnen deutlich stärken. „So haben wir auch gute Chancen, bei der Ratingagentur Standard & Poor’s wieder einen stabilen Ausblick zu erreichen“, sagte der neue Vorstandschef Ulrich Wallin im Interview mit der FTD. Ab Mittwoch führt Wallin das Dax-30-Unternehmen; Vorgänger Wilhelm Zeller geht in den Ruhestand. Die Hannover Rück ist eine Tochter des Versicherungsriesen Talanx. Mit 8,1 Mrd. Euro Prämieneinnahmen ist sie die Nummer vier auf dem weltweiten Markt der Rückversicherer.

Standard & Poor’s hatte Anfang Juni das gute Rating von „AA-“ bestätigt, die Bewertung aber mit einem negativen Ausblick versehen; damit wird eine Herabstufung angedroht. Die Analysten monierten Probleme bei der Beschaffung von Kapital. Das Unternehmen gehört zu knapp über 50 Prozent Talanx, die diese Mehrheit auch nicht aufgeben will. Der Rest der Aktien ist an der Deutschen Börse notiert.

Rückversicherer agieren wie Großhändler des Risikoschutzes, sie sind Versicherer der Versicherer. Für jedes Geschäft, das sie machen, benötigen sie aber eine bestimmte Menge Eigenmittel. Die Hannover Rück drehte stets mit knappem Kapital ein großes Rad und besorgte sich die Mittel zum Teil durch eine eigene Rückversicherung – sogenannte Retrodeckungen bei anderen Gesellschaften – und durch Verbriefungen am Kapitalmarkt. Beide Quellen sprudeln im Moment nicht. „Die traditionellen Retromärkte sind zurzeit sehr teuer“, sagte Wallin.

Die Hannover Rück setzt schon länger auf Verbriefungen, hatte zuletzt aber Probleme, zwei Transaktionen zu platzieren. „In der K6-Transaktion haben wir in einem illiquiden Markt immer noch 180 Mio. Euro von geplanten 350 Mio. Euro platzieren können“, sagte Wallin. Auf die ebenfalls geplante, sogenannte „Keppler-Transaktion“ habe man verzichtet. „Wir waren bereit, eine Verzinsung bis zu 800 Basispunkten über dem Normalzins zu zahlen, aber die Märkte verlangten über 1000 Basispunkte“, sagte er. „Das hätte kaum noch einen positiven Effekt für uns gehabt.“ Ein Effekt der knapperen Ressourcen: Die Hannover Rück reduzierte ihr Engagement unter anderem in der US-Hurrikandeckung. „Das hängt auch damit zusammen, dass wir die Preiserhöhungen von 20 Prozent bis 25 Prozent, die es hätten sein müssen, nicht bekommen haben“, sagte Wallin. Stattdessen seien es 15 Prozent gewesen.

„Wir sind aber trotzdem insgesamt mit dem Markt nicht unzufrieden“, sagte er. „Das Preisniveau ist recht gut.“ Die Hannover Rück erwartet für 2009 einen Gewinn von 600 Mio. Euro, nach einem Verlust von 127 Mio. Euro infolge starker Aktienmarktverluste im Jahr 2008. „Wir können organisch Kapital bilden“, sagte Wallin. Das werde dazu beitragen, den negativen Ausblick bei der Ratingagentur aufzulösen. „Wir hatten auch nach den Großschadenjahren 2001 und 2005 den negativen Ausblick und haben unser Rating behalten“, sagte er.

Der Umsatz wird 2009 kräftig zulegen, weil Hannover Rück im ersten Quartal einen großen US-Lebensversicherungsbestand zur Abwicklung übernommen hat. Wallin kann sich vorstellen, weitere Transaktionen dieser Art durchzuführen.

„Unser Ziel muss jetzt sein, die Volatilität unseres Geschäftsmodells zu verringern“, sagte er. Dazu müsse das Risikomanagement weiterentwickelt werden, gerade auch bei den Kapitalanlagen. „Wir haben 21 Mrd. Euro anzulegen, das ist eine große Herausforderung“, sagte er. Bei der geografischen Aufstellung prüfe das Unternehmen zurzeit, ob es sich in Singapur und in der Nichtleben-Rückversicherung in China stärker engagiert. Außerdem will er Spezialsparten stärken.

In Hannover werde sich mit seinem Amtsantritt nicht viel ändern: „Schließlich bin ich schon lange im Vorstand.“ In der Außendarstellung sei er aber konservativer und zurückhaltender als sein Vorgänger.

Quelle: Financial Times Deutschland

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