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Allianz muss US-Tochter stärken

Posted By Herbert Fromme On 23. Juli 2009 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Ratingagenturen verlangen Kapitalnachschuss in Milliardenhöhe · Interview mit Konzernchef Diekmann

Von Herbert Fromme

und Steffen Klusmann, München

Der Allianz-Konzern muss wegen der Probleme in der US-Lebensversicherung das Kapital seiner dortigen Tochter erheblich stärken. „Die Ratingagenturen fordern eine höhere Unterlegung mit Eigenkapital, wenn wir unser starkes Rating halten wollen“, sagte Konzernchef Michael Diekmann in einem Interview mit FTD und Capital. In Marktkreisen ist von 1,5 Mrd. $ die Rede. Diekmann wollte das nicht bestätigen. „Die Summe, die wir zur Verfügung stellen, wird sich aus unseren Gesprächen mit den Ratingagenturen ergeben.“

Die Finanzkrise hat Wettbewerber der Allianz heftig getroffen. Das gilt nicht nur für den großen Rivalen AIG, sondern auch für kleinere Anbieter. Diekmann erwartet, dass 2010 für die Assekuranz noch schwieriger als 2009 wird. „Auf viele kommen dann große Umsatzprobleme zu“, sagte er. Die Allianz stehe dagegen trotz Krise „grundsolide“ da. Sie wolle in dieser Lage vor allem organisch wachsen. „Es ist Raum entstanden, der in der Vergangenheit nicht da war.“ Selektive Akquisitionen für 2010 wollte er nicht ausschließen. „Allerdings eher nicht in Deutschland.“

Im US-Lebensversicherungsmarkt kämpft die Allianz mit einer Reihe von Problemen – unter anderem mit den Kosten der Variable Annuities (VA). Bei diesen Policen gibt der Versicherer dem Kunden hohe Zinsgarantien. „Dass die Märkte 2008 derart erschüttert würden, konnte keiner ahnen“, sagte Diekmann zu den VA-Verträgen. „2008 haben wir hier vor Steuern 230 Mio. $ Buchverlust gemacht. Einen Teil davon haben wir nun im ersten Halbjahr schon wieder hereingeholt.“ Man sei kein unkalkulierbares Risiko eingegangen.

Diekmann sagte, nur Unternehmen mit starkem Rating könnten oben mitspielen, wenn das US-Lebensversicherungsgeschäft neu verteilt werde. Durch die Schwäche des staatlich gestützten Marktführers AIG entstehe Spielraum. „Die Frage ist, wie groß der ist.“ Eine Übernahme des Versicherers Hartford, bei dem sich die Allianz 2008 eingekauft hat, schloss Diekmann „aus heutiger Sicht“ aus. „Hartford ist ein reines Finanzinvestment.“

Kritik von Konkurrenten, dass die Allianz ohne die Milliarden des Bundes für die Commerzbank die Problemtochter Dresdner Bank nicht hätte verkaufen können, weist er zurück. „Tatsache ist, dass wir am 31. August 2008 den Kaufvertrag abgeschlossen haben“, sagte Diekmann. „Damals war Staatshilfe kein Thema. Der Lehman-Kollaps kam erst zwei Wochen später.“

Wenn die Bank heute noch der Allianz gehören würde, wäre das sicherlich eine Belastung für die Allianz, gestand Diekmann ein. „Deshalb war ja die Veräußerung richtig.“ Auf die Frage, ob die Allianz 2001 die falsche Bank gekauft habe, antwortete er: „Eine Bank, die in einem Marktumfeld, wie wir es 2008 hatten, falsch aufgestellt war. Ja.“

Der Umbau der deutschen Allianz-Töchter ist eine weitere Baustelle. Vertreter monieren eine schlechte Erreichbarkeit der Callcenter und klagen über Probleme, Ansprechpartner zu finden. „Es gibt ganz unterschiedliche Rückmeldungen aus dem Vertrieb“, so Diekmann. Die Allianz habe die Mitarbeiter im Service besser geschult. „Da geht aber noch mehr.“

Das laufende Sparprogramm werde in Deutschland nicht zu neuerlichem Personalabbau führen. Die Allianz könne sogar unter der Zahl bleiben, die mit den Betriebsräten vereinbart worden sei. „Wir wollten die Belegschaft ursprünglich um 5700 reduzieren, bis zum Jahresende werden es jetzt doch nur 4700 oder 4800 sein.“

Zum Konzern gehört auch der weltgrößte Kreditversicherer Euler Hermes. Industriemanager und Politiker werfen den Kreditversicherern vor, durch restriktive Deckungen die Krise zu verschärfen. „Aus unserer Sicht ist diese Kritik unberechtigt“, sagte Diekmann. „Wenn man sich die Vorwürfe anhört, könnte man meinen, dass es die Aufgabe der Kreditversicherer sei, die Risiken dieser schweren Wirtschaftskrise zu schultern. Das kann natürlich nicht sein.“ Die Kreditversicherer bräuchten keine staatliche Hilfe, würden aber Expertise zur Verfügung stellen, wenn der Staat Deckungen übernehmen wolle. „Aber auch der Staat wird nicht unbegrenzt unkalkulierbare Risiken versichern können.“

www.ftd.de/allianz

Finanzspritze für US-Tochter

Quelle: Financial Times Deutschland


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