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Krisenopfer XL ruft die Wende aus

Posted By Herbert Fromme On 30. Juli 2009 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Bermuda-Industrieversicherer hat Altlasten abgearbeitet · Interview mit Konzernchef Michael McGavick

Von Herbert Fromme, Köln

Der international agierende Industrie- und Rückversicherer XL Capital erwartet einen scharfen Umsatzeinbruch. „Für 2009 rechnen wir mit einem Rückgang der Prämieneinnahmen von mehr als 20 Prozent“, sagte Konzernchef Michael McGavick der FTD. 2008 hatte XL 8,3 Mrd. $ eingenommen. Das sei vor allem das Ergebnis der neuen Strategie des auf Bermuda beheimateten Unternehmens. Die Krise, die XL 2007 und 2008 durchschüttelte, hält McGavick für überwunden.

Noch im Herbst 2008 wurde der Versicherer von Konkurrenten für tot erklärt. Er hatte Milliardenlasten aus der Absicherung von Kreditderivaten zu schultern. Das ist der Geschäftszweig, der AIG zu Fall brachte und die US-Anleiheversicherer ruinierte. Zwar hatte XL die Tochter Syncora verkauft, die hier aktiv war. Doch es blieben Bürgschaften und Rückdeckungen. Das Ergebnis 2008 war mit 2,6 Mrd. $ Verlust tiefrot.

„Die Krise hat unsere hässlichen Probleme sichtbar gemacht“, sagte McGavick jetzt der FTD. Neben der Absicherung von Derivaten sei die teure XL-Infrastruktur das Hauptproblem gewesen. Inzwischen habe XL aber die Wende geschafft. Alle Altlasten aus der Kreditderivatabsicherung seien abgearbeitet, das Unternehmen habe sich neu organisiert.

„Wir haben vor allem unser Risikomanagement deutlich gestärkt“, sagte McGavick, der im Mai 2008 Brian O’Hara ersetzte. Für den Umsatzrückgang 2009 gebe es drei Gründe. „Wir zeichnen weniger langfristiges Haftpflichtgeschäft, denn die Preise dort sind nicht sehr attraktiv.“ Zweitens mindere die Wirtschaftskrise den Umsatz. Und drittens streuten Industriekunden ihre Risiken mehr – auch wegen der Probleme, die XL hatte.

XL war 1986 als Selbsthilfeeinrichtung von 68 großen Industriekonzernen gegründet worden, die von traditionellen Versicherern kaum noch Haftpflichtdeckungen bekamen. Nach starkem Wachstum und zahlreichen Zukäufen – darunter der renommierte Industrieversicherer Winterthur International – ist XL heute einer der Weltmarktführer. In der Erstversicherung mit Endkunden verbuchte die Gruppe 2008 rund 5,3 Mrd. $ Bruttoprämien, in der Rückversicherung waren es 2,3 Mrd. $. Dazu kamen 700 Mio. $ aus der Lebensversicherung und anderen Geschäften.

„In Deutschland haben wir 2008 rund 400 Mio. $ Bruttoprämie gezeichnet“, sagte McGavick. Damit gehört XL zu den fünf größten Industrieversicherern im Lande. „Wir haben Verträge mit 22 der Dax-30-Firmen.“

Die Zweifel von Kunden an XL seien in Europa stärker gewesen als in den USA. „Das hängt damit zusammen, dass Standard & Poor’s unser Rating von „A+“ auf „A“ gesenkt und mit einem negativen Ausblick versehen hat“, sagte McGavick. Die Ratingagentur AM Best dagegen, die in den USA eine große Rolle spiele, beließ XL stabil auf „A“. Mit AIG werde das Unternehmen heute nicht mehr verglichen, sagte McGavick. Das liege vor allem daran, dass die Ratingagenturen die Finanzstärke bestätigt hätten. Außerdem: „XL hat niemals Staatshilfe benötigt.“

Den Sitz in Bermuda will das in New York börsennotierte Unternehmen nicht aufgeben, während Konkurrenten in die Schweiz umziehen. „Wir prüfen dauernd, wo der beste Sitz ist“, sagte McGavick dennoch. Die in den USA immer wieder zu hörende Kritik am „Steuerparadies Bermuda“ werde vor allem in Wahlkampfzeiten geäußert, sagte McGavick, der 2006 ohne Erfolg als Republikaner für einen Senatssitz kandidierte.

Quelle: Financial Times Deutschland


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