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Gen Re widerspricht Münchener Rück

Posted By Herbert Fromme On 31. August 2009 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

US-Gesellschaft glaubt nicht an steigende Rückversicherungspreise ·Konzernchef Montross im Interview

Von Herbert Fromme

und Anne-Christin Gröger, Köln

Der US-Rückversicherer Gen Re hält die Finanzkrise für die Branche weitgehend für ausgestanden, erwartet aber eine Konsolidierungswelle im Gefolge. „Das Schlimmste ist vorbei“, sagte Konzernchef Franklin Montross, der auch Vorstandssprecher der deutschen Tochter Kölnische Rück ist, der Financial Times Deutschland. „Im Großen und Ganzen hat sich die Branche sehr gut geschlagen.“ Nur in der Lebensrückversicherung habe es bei einigen Abschreibungsbedarf gegeben sowie Probleme mit Policen vom Typ Variable Annuities und mit Garantieverzinsungen. Gen Re habe bei den Kapitalanlagen wenig Aktien gehalten und sei auch in der Lebensrückversicherung kaum mit großen Problemen konfrontiert worden. Der Konzern gehört zu Warren Buffetts Berkshire Hathaway.

Den Rückversicherern sei es als Branche besser ergangen als ihren Kunden, den Erstversicherern, die sie gegen Großschäden und Katastrophen absichern. Die Erstversicherer leiden mehr unter hohem Abschreibungsbedarf und müssen ihre Bilanzen heute stärker absichern, auch mit Rückversicherung.

Dennoch erwartet Montross keine sprunghaften Preiserhöhungen. „In der Schaden- und Unfallrückversicherung bleiben die Preise eher unverändert“, sagt er wenige Tage vor dem Weltrückversicherungstreffen in Monte Carlo. Damit unterscheidet sich Gen Re deutlich vom Marktführer Münchener Rück, der einen kräftigen Anstieg erwartet.

Zwar gebe es Faktoren, die für einen Trendwechsel bei den Preisen sprächen, sagte Montross. Dazu gehörten die Zinsentwicklung und die Belastungen, denen die Kapitalbasis vieler Erstversicherer ausgesetzt war. Doch sei zweifelhaft, ob sie zu einer allgemeinen Erhöhungswelle führen. Obwohl die Krise glimpflich für die Branche verlief, werde es eine Konsolidierungswelle geben, sagte Montross. Auch diese Ansicht wird in der Branche nicht überall geteilt. „Bei den Bermuda-Gesellschaften, die 2005 frisch auf den Markt kamen, suchen die Investoren nach Ausstiegsstrategien“, sagte Montross. Das seien meistens Private-Equity-Investoren und Hedge-Fonds. „Es ist sehr schwierig für die Bermuda-Gesellschaften, ihren Umsatz zu steigern. Da können Fusionen für Anleger interessant sein.“ Gen Re habe in zehn Jahren drei große Übernahmen verdaut. „Wir haben jetzt die Plattform, die wir brauchen.“

In Deutschland hat Gen Re in den vergangenen Jahren deutliche Marktanteile verloren – jedenfalls in der Schaden- und Unfallrückversicherung, bei der es um Sturmschäden, große Autorisiken oder Haftpflichtrisiken der Industrie geht. „In der Lebens- und Krankenrückversicherung haben wir zugelegt“, sagte Montross. „In der Schaden- und Unfallrückversicherung haben wir bestimmte Geschäftsfelder aufgegeben.“ Dazu gehört die Kreditrückversicherung. In der Luftfahrtdeckung und weiteren Segmenten verringerte die Gesellschaft ihr Volumen, weil die Preise nicht reichten. „Wenn die Preise hochgehen, können wir wieder einsteigen.“ Gen Re könne es sich leisten, wählerisch zu sein.

Als Hauptkonkurrenten in Europa sieht Montross Münchener Rück und Swiss Re. Bei den Schweizern war Gen-Re-Eigner Warren Buffett Anfang 2009 mit 3 Mrd. Franken Nothilfe eingestiegen und hat eine Option, das Darlehen in drei Jahren in Aktien zu wandeln. Dann hielte er über 25 Prozent. In der Branche wird über eine Fusion von Gen Re und Swiss Re spekuliert. „Ich glaube nicht, dass das Investment bei Swiss Re strategischer Natur ist. Aber dazu müssen Sie letztendlich Warren fragen“, sagte Montross. Das Verfahren, in dem vier Gen-Re-Mitarbeiter wegen Beihilfe zur Bilanzschönung beim US-Versicherer AIG zu Haftstrafen verurteilt wurden, kommentierte er nicht.

Seit Anfang 2009, als der bisherige Kölnische-Rück-Chef Peter Lütke-Bornefeld in den Ruhestand ging, übt Montross die Doppelfunktion aus. Sein Stellvertreter ist Winfried Heinen. In der Branche heißt es, Montross und die US-Führung des Konzerns seien unzufrieden gewesen mit der Art und Weise, wie sich manche frühere Manager im deutschen Teilkonzern nach der Bestellung zu Vorstandsmitgliedern verhalten hätten. „Ich bin seit 1995 Vorstandsmitglied in Köln, und ich kann in der Tat sagen, dass einzelne Manager sich veränderten, sobald sie Vorstände wurden.“ Sie behandelten ihre Mitarbeiter mit weniger Respekt. Sind Heinen und seine Kollegen also in einer Art Bewährungszeit? „Wir sind alle immer auf Bewährung hier“, sagte er.

Quelle: Financial Times Deutschland


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