Chartis kassiert Schlappe im Streit um Brand

Prinzip der Mitversicherung steht wieder infrage

Von Herbert Fromme, Köln

Der US-Versicherer Chartis hat einen wichtigen Prozess um die Schadenszahlung nach einem Großfeuer verloren. Das Landgericht Hagen urteilte vergangene Woche, Chartis müsse dem Iserlohner Armaturenhersteller Dornbracht 16 Mio. Euro zahlen. Der Versicherer will nun in die nächste Instanz gehen. Unter dem Namen Chartis tritt die frühere AIG Europe auf, Tochter des US-Konzerns AIG.

Trotz der niedrigen Summe stößt die Auseinandersetzung auf große Aufmerksamkeit in der Assekuranz und bei den Versicherungseinkäufern der Industrie. In dem Streit infolge eines Großbrands geht es um die Zukunft der sogenannten Mitversicherung – dem in Deutschland häufig angewandten Verfahren, über Pools von Versicherern die hohen Deckungen bereitzustellen, die Großkonzerne benötigen. Dornbracht war bei einem Konsortium unter Führung der britischen Gesellschaft Royal & Sun versichert. Daneben waren Chartis – damals noch AIG -, Allianz und Helvetia beteiligt. Am 22. Juli 2009 griff ein Großbrand im benachbarten Chemiewerk Weka in Iserlohn auf die Dornbracht-Armaturenfabrik über. Allein bei Dornbracht entstand ein Schaden von 125 Mio. Euro. Während die anderen Versicherer zahlten, weigerte sich Chartis: Der Kunde und sein Makler hätten bei Vertragsabschluss nicht angegeben, dass in Decken Styropor verbaut sei. Solche Risiken decke Chartis prinzipiell nicht. Das Hagener Gericht urteilte dagegen, alles Wissen des führenden Versicherers müsse auch den folgenden Gesellschaften zugerechnet werden – Chartis könne sich nicht auf mögliche Fehl- oder Nichtinformationen berufen.

Hat das Urteil Bestand, ist das Prinzip der Mitversicherung gefährdet. Dann haben es große Konzerne deutlich schwerer, Deckung für ihre meist hohen Risiken zu finden – zumal die Kartellbehörden in Bonn und Brüssel seit Jahren die Mitversicherung im Visier haben. Zwar gibt es bislang noch Sondergenehmigungen der EU-Kommission für dieses Instrument, die Brüssel aber ab März 2010 deutlich einschränkt. Die Kommission besteht darauf, dass die Versicherer jeweils separat mit dem Kunden die Bedingungen aushandeln. Dem widerspricht das Hagener Urteil.

Quelle: Financial Times Deutschland

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