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Börse straft Prudential für AIA-Übernahme ab

Posted By Herbert Fromme On 2. März 2010 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Aktienkurs des Versicherers bricht ein · Briten müssen für Kauf vonAIG-Tochter Kapitalerhöhung über 20 Mrd. Dollar stemmen

Von Paul Davis, London,

und Herbert Fromme, Köln

Der britische Versicherer Prudential übernimmt den größten Teil des Asiengeschäfts des US-Marktführers American International Group (AIG) für 35,5 Mrd. $ (26 Mrd. Euro). Um die Übernahme der American International Assurance (AIA) stemmen zu können, muss Prudential frisches Geld in Höhe von 20 Mrd. $ bei Anlegern einsammeln. Das entspricht fast dem Marktwert von Prudential von 23 Mrd. $ und wäre eine der größten Kapitalerhöhungen.

Die Börse reagierte negativ: Prudentials Aktienkurs verlor 12 Prozent auf 530,5 Pence. „Niemand weiß genau, was AIA beinhaltet und wie profitabel sie sind“, sagte ING-Analyst Kevin Ryan. AIG-Dividendenpapiere gewannen dagegen zeitweise mehr als sieben Prozent.

Die Übernahme der AIG-Asiengeschäfte, die als Kronjuwelen des verstaatlichten Konzerns gelten, bringt zwei der größten Lebensversicherer in Fernost zusammen. Prudential verdoppelt durch die Akquisition seinen globalen Umsatz und wird künftig den größten Teil an Prämien und Gewinnen in Fernost erzielen. Dort sind künftig 700 000 Vertreter für den Giganten tätig – 320 000 kommen von AIA.

Damit zieht die britische Gesellschaft an Rivalen wie Allianz, Axa und Zurich vorbei, die alle Asien zu einem ihrer wichtigsten Zukunftsmärkte erklärt hatten. Besonders wertvoll ist die AIA-Lizenz für den chinesischen Markt.

Großbritannien werde aber weiterhin wichtig bleiben, sagte Prudential-Chef Tidjane Thiam, der den Konzern seit September führt, in der Elfenbeinküste aufgewachsen und der erste schwarze Chef eines der großen börsennotierten Unternehmen in Großbritannien ist. Es gebe keine Pläne, die britischen Töchter zu verkaufen.

Der komplexe Deal sieht vor, dass Prudential und AIA von einer neu gegründeten Firma mit dem Arbeitstitel New Prudential gekauft wird. AIG erhält 25 Mrd. $ als Barzahlung und weitere 10,5 Mrd. $ in Aktien der New Prudential. Sitz der Gesellschaft ist Großbritannien, ihre Aktien werden an der Londoner Börse gehandelt und bald auch an der Wall Street. Das Barelement stammt aus der geplanten Kapitalerhöhung von 20 Mrd. $. Zudem begibt das Unternehmen Anleihen über 5 Mrd. $. Die Kapitalerhöhung wird von Credit Suisse, JP Morgan Cazenove und HSBC garantiert. AIG halte an der neuen Prudential rund elf Prozent und bleibe mittelfristig Investor, sagte Prudential-Chef Thiam weiter.

Der AIG-Konzern, der sich mit Kreditausfallversicherungen verspekuliert hatte und 2008 von der US-Regierung mit 182 Mrd. $ vor dem Untergang gerettet werden musste, kann nun immerhin einen Teil der Staatshilfe zurückzahlen. Der einstmals weltgrößte Versicherer hatte bislang den Börsengang der AIA geplant und wollte so 10 Mrd. $ bis 20 Mrd. $ einnehmen.

Nun nehmen die Amerikaner deutlich mehr ein. Allerdings musste der Konzern erst am Freitag einen weiteren Rückschlag hinnehmen, als er für 2009 einen Verlust von 11 Mrd. $ meldete, der zum Teil auch aus dem Kerngeschäft stammt. 2008 hatte AIG bereits 99 Mrd. $ Verlust gemacht – der größte, den jemals ein Unternehmen weltweit eingefahren hat.

„Das Wort Transformation wird wahrscheinlich zu oft gebraucht, aber diese Übernahme transformiert unsere Gruppe tatsächlich“, sagte Thiam. „Der AIG-Verwaltungsrat und die US-Behörden unterstützen uns zu 100 Prozent.“ Binnen drei Jahren will Prudential jährlich 340 Mio. $ an Kosten einsparen. Prudentials erster Anlauf für eine Übernahme von AIA war im vergangenen Jahr noch gescheitert.

Quelle: Financial Times Deutschland


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