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Wie die Alten sungen

Posted By Anja Krüger On 14. Mai 2010 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Der Nachwuchs wendet sich bei Fragen zur Altersvorsorge am liebsten an dieEltern. Das ist fatal, denn deren Tipps sind oft von gestern

Sie sind jung, optimistisch und pragmatisch. Und sie sind vorausschauend: Die junge Generation denkt bereits über ihre finanzielle Lage im Alter nach. „Das hat es früher nicht gegeben“, stellt der renommierte Jugendforscher Klaus Hurrelmann mit Blick auf Vergleichsstudien fest. Früher konnten die Nachwachsenden auf die gesetzliche Rente bauen, die ihnen genug für ein vielleicht bescheidenes, aber auskömmliches Einkommen im Alter versprach – ein Versprechen, das nicht mehr gilt. Das ist den 17- bis 27-Jährigen klar. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die Hurrelmann im Auftrag der Metallrente, dem Versorgungswerk der Tarifpartner der Metallindustrie, erstellt hat. Finanziert hat die Studie Allianz Global Investors, der Kapitalanleger der Allianz.

Die jungen Leute, die jetzt die ersten Schritte in den Beruf machen, müssen aufgrund der drastischen Kürzung künftiger Renten privat vorsorgen, wenn sie im Alter nicht darben wollen. Sie wissen das. „80 Prozent sagen: Wer nicht privat vorsorgt, ist im Alter arm“, sagt Hurrelmann. Doch diese Erkenntnis allein hilft nicht weiter. „Die Notwendigkeit der zusätzlichen Vorsorge wird anerkannt, aber man weiß nicht, wie man das umsetzen kann“, erklärt er.

Die jungen Leute von heute sind nicht nur optimistisch und pragmatisch. „Wir haben eine junge Generation, die ein sehr harmonisches Verhältnis zu ihren Eltern hat“, sagt der Jugendforscher. Bei Fragen zur Altersvorsorge sind Papa und Mama Ansprechpartner Nummer eins für den Nachwuchs. „Aber ob das klug ist, ist fraglich“, sagt Hurrelmann. Denn die wenigsten Eltern sind Finanzexperten. Und nicht nur das: „Sie kennen ein anderes Rentensystem.“ Jugendliche wollen anschauliche und nachvollziehbare Informationen aus einer glaubwürdigen Quelle. Doch nur eine kleine Minderheit der Eltern hat das nötige Know-how, um die eigenen Kinder mit dem erforderlichen Wissen auszustatten. Die meisten gehören, was Fragen der Altersvorsorge betrifft, einer anderen Ära an und geben veraltete Finanzierungsmuster weiter. Eltern können ihren Kindern psychischen Schutz bieten, sagt Hurrelmann. „Aber zur Aufklärung der ökonomischen Zusammenhänge und zur Milderung des Vertrauensverlustes in die Sicherheitssysteme vermögen sie nur wenig beizutragen.“

Auch der zweite Favorit unter den Informationsquellen, die Jugendliche nutzen, ist von eher zweifelhafter Qualität: das Internet. Nach Radio/Fernsehen und Freunden wird auf Platz fünf mit Bank die erste – wenigstens formal – fachkundige Anlaufstelle genannt. Versicherungsvertreter rangieren auf Platz acht, Finanzberater auf Platz zehn hinter Bildungseinrichtungen.

Der Studie zufolge vertrauen junge Leute bei den Angeboten für eine zusätzliche Altersversorgung am meisten der Betriebsrente. Seit 2002 haben Beschäftigte den Rechtsanspruch, dass der Arbeitgeber einen Teil ihres Bruttoverdienstes in einen Vertrag für eine Betriebsrente steckt, die sie allerdings selbst zahlen und die nicht das Unternehmen finanziert. Das Ganze nennt sich Bruttoentgeltumwandlung. Immerhin zwölf Prozent der Jugendlichen behaupten von sich, sie wüssten, was das ist. Sechs Prozent können es tatsächlich erklären. Erstaunlich ist ebenfalls, welche Anbieter die 17- bis 27-Jährigen kennen. Denn nach der Betriebsrente folgen in der Hitliste der vertrauenserweckendsten Angebote die Versorgungswerke der Tarifpartner. Erst danach kommt die gesetzliche Rente, dann die Kapitallebensversicherung.

Angebote und Informationen zu Altersvorsorge müssen für junge Leute nachvollziehbar werden, die Schulen dürfen keine wirtschaftsfreien Räume bleiben, fordert Hurrelmann. Aber etwas anderes funktioniert vielleicht auch: Gruppendruck. „Kollektive haben eine motivierende Wirkung“, sagt der Geschäftsführer des Versorgungswerks Metallrente Heribert Karch. Umso mehr Beschäftigte in einem Unternehmen einen Betriebsrentenvertrag hätten, umso größer sei der Anteil der Jungen.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland


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