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Coface sucht Rolle als Ratingagentur

Posted By Herbert Fromme On 7. Juni 2010 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Kreditversicherer will Dreiermonopol knacken · Allianz-Chef Diekmannvorsichtiger

Von Herbert Fromme, Köln

Der französische Kreditversicherer Coface will künftig auch als Ratingagentur agieren. „Wir arbeiten intensiv daran, unsere bereits vorhandenen Ratings so zu erweitern, dass sie dem Bedarf der Wirtschaft entsprechen und zugleich den rechtlichen und politischen Anforderungen gerecht werden“, sagte Deutschlandchef Franz Michel am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters.

Damit reagiert der weltweit drittgrößte Kreditversicherer mit Sitz in Paris auf Forderungen von europäischen Politikern und Zentralbankern, eine Alternative zu den drei großen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch zu schaffen. Vor allem nach der Herabstufung von Griechenland und Spanien durch Ratingagenturen ist auch bei Politikern und Notenbankern der Ärger gewachsen. Die Bewertung der Agenturen von Unternehmen und Staaten entscheidet darüber, zu welchen Bedingungen sie sich Geld leihen können oder ob Investoren Mittel zur Verfügung stellen.

Christian Noyer, der Gouverneur der französischen Zentralbank, hatte vergangene Woche in einem Interview mit dem „Handelsblatt“ vorgeschlagen, die privaten Kreditversicherer als Ratingagenturen zu etablieren. Sie hätten das Wissen und die Erfahrung und müssten sogar bezahlen, wenn ihr Rating falsch sei, so Noyer.

Anders als Michel reagierte Allianz-Konzernchef Michael Diekmann vorsichtig auf Noyers Vorschlag. Die Allianz hält 68,2 Prozent am weltgrößten Kreditversicherer Euler Hermes in Paris. Die Datenbasis sei zwar vorhanden. „Wenn man unseren Kreditversicherer Euler Hermes und unsere Tochter Pimco zusammennimmt, gibt es kaum eine Institution auf der Welt, die über ähnliche Informationen verfügt“, sagte Diekmann vor Journalisten. Die Allianz-Tochter Pimco im US-Bundesstaat Kalifornien ist mit 1071 Mrd. Euro verwalteten Mitteln Ende März 2010 einer der weltgrößten Vermögensverwalter.

„Die Frage ist, ob wir diese Informationen für die Öffentlichkeit nutzen wollen, ob es ein Geschäftsmodell gibt oder nicht“, gab Diekmann allerdings zu Bedenken: „Ich habe bisher keine Angebote bekommen, nach denen jemand bereit ist, für diese Dienstleistung zu zahlen.“

Kreditversicherer decken Unternehmen für den Fall ab, dass deren Kunden insolvent werden und die Rechnungen nicht bezahlen. Die großen drei – Euler Hermes, Atradius und Coface – beherrschen den Weltmarkt. Sie beschäftigen Spezialisten, die akribisch die wirtschaftliche Lage der Firmen bewerten und entsprechend ihre Deckung vergeben – oder verweigern.

2009 wurden die jetzt hofierten Kreditversicherer aus Politik und Industrie heftig attackiert, weil sie für Lieferungen an bestimmte Branchen und Unternehmen keine oder nur eine reduzierte Deckung übernehmen wollten. Damit verschärften sie die Kreditklemme, lautete der verbreitete Vorwurf. Die Bundesregierung sprang mit einer eigenen Deckung ein und stellte dafür 7,5 Mrd. Euro zur Verfügung.

Die deutsche Euler-Tochter in Hamburg verwaltet für den Bund auch die Außenwirtschaftsgarantien, die als Hermes-Bürgschaft bekannt sind. Hier geht Euler Hermes aber nicht selbst ins Risiko – das trägt der Staat.

Quelle: Financial Times Deutschland


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