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Banken geben für Schiffe kein Geld mehr

Posted By Patrick Hagen On 7. September 2010 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Institute wollen mehr Sicherheiten für Vorfinanzierung von Frachtern ·Geschlossene Fonds verlieren an Bedeutung

Von Patrick Hagen, Hamburg

Banken sind Experten zufolge nicht länger bereit, bei der Schiffsfinanzierung in Vorleistung zu gehen. In Zukunft werden die Banken derartige Vorfinanzierungen nicht mehr leisten, sagte Klaus Stoltenberg, Leiter Schiffs- und Flugzeugfinanzierung der Nord/LB, gestern auf dem Ship Finance Forum der FTD und der Messe Hamburg. „Bei neuen Bestellungen wollen die Banken zuerst das Eigenkapital sehen“, sagte er. Auch bei vermieteten Schiffen wollten die Institute zusätzliche Sicherheiten wie den direkten Zugriff auf Charterzahlungen, um sich gegen Schieflagen von Fonds und Reedereien besser abzusichern.

Deswegen erwarten Branchenvertreter, dass das deutsche System der Schiffsfinanzierung über geschlossene Fonds stark an Bedeutung verlieren wird. „Das System wird fortbestehen, aber auf einer deutlich kleineren Grundlage“, sagte Frank Bergert von E.R. Capital, der Holdinggesellschaft des Hamburger Reeders Erck Rickmers.

Vor allem Privatanleger haben einen Großteil der bislang von Reedern bestellten Schiffe über Schiffsfonds finanziert. Die Investoren stellten das Eigenkapital von 30 bis 50 Prozent des Projektwerts zur Verfügung, der Rest kam von Banken per Schiffshypothek. Das System hat Deutschland zu einem führenden Schifffahrtsstandort gemacht. Diese Entwicklung hatte die pauschale Tonnagesteuer begünstigt, die Anlegern steuerfreie Ausschüttungen garantiert und den Vertrieb der Fonds erleichtert hatte.

Da das Eigenkapital für den Schiffskauf üblicherweise erst nach der Bestellung des Frachters eingesammelt wurde, finanzierten Banken es vor. Dafür erhielten sie im Gegenzug Garantien von den Emissionshäuser, die die Fonds auflegten. Dieses System entging in der Finanzkrise nur knapp dem Kollaps: Die Anleger traten in einen Käuferstreik, zugleich konnten viele Emissionshäuser ihre Garantien nicht mehr erfüllen, und Banken mussten zur Rettung einspringen. Auf diesem Wege wurden etwa die Commerzbank und die HSH Nordbank zu unfreiwilligen Anteilseignern des Fondshauses HCI Capital.

Schiffsfonds finanzieren Schiffe für Charterreedereien, die diese an die großen Linien vermieten, die dann schließlich den Transport der Ware organisieren. Bedienen Fonds oder Reeder ihre Kredite nicht, wollen die Banken künftig direkt an die Chartereinnahmen – ein Novum. „Gewöhnlich haben Banken keinen direkten Zugriff“, sagte Stoltenberg von der Nord/LB.

Weil die Vorfinanzierung der Banken wegfällt, muss sich das System massiv ändern. „Das Eigenkapital muss zuerst da sein“, sagte Tobias König, Geschäftsführer des Emissionshauses König & Cie. Eine Möglichkeit dafür seien Blind Pools, bei denen zuerst das Eigenkapital gesammelt wird, ohne dass der Anleger weiß, für welches Schiff das Geld verwendet wird. Auch Zwischenmodelle seien denkbar, in denen ein Fondshaus eine Anzahl vorher definierter Bestellungen bei bestimmten Werften finanziert, sich aber nicht festlegt, wie viele Schiffe und welche genau bestellt werden, so König weiter.

Bislang standen Anleger diesen Blind Pools aber eher ablehnend gegenüber. Alexander Betz, Vorstand des börsennotierten Fondshauses MPC Capital, sagte, es werde nicht funktionieren, das Eigenkapital zuerst einzuwerben. „Vielleicht müssen wir auch die vorab anfallenden Kosten reduzieren.“ Torsten Teichert, Chef des Emissionshauses Lloyd Fonds, sieht eine höhere Risikoprämie als Anreiz für Investoren: „Vielleicht waren die Renditen auf das Eigenkapital für das tatsächliche Risiko zu gering.“

Dagfinn Lunde, Vorstand der Frankfurter DVB Bank, erwartet, dass Aktien von Schifffahrtsfirmen künftig eine wesentlich größere Rolle spielen werden. Zurzeit mache diese Finanzierungsform nur rund fünf Prozent der Eigenkapitalbasis der Branche aus, der Rest komme aus den Reederfamilien und von privaten Fondsanlegern.

Fest steht, dass für die Reeder ein wichtiger Finanzierer ausfällt: Die bislang weltgrößte Schiffsbank HSH Nordbank macht kein Neugeschäft mehr. Die Bank habe noch Finanzierungszusagen von 4 Mrd. Euro in den Büchern, sagte HSH-Vorstandsmitglied Torsten Temp in der Diskussionsrunde. „Wir hätten gerne weniger.“ An Neugschäft sei derzeit überhaupt nicht zu denken.

Neue Schiffsfonds22

Quelle: Financial Times Deutschland


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