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Im Doppelpack teurer

Posted By Friederike Krieger On 18. Oktober 2010 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr bieten oft nur eine geringeDeckung // Verbraucherschützer raten zur Kündigung

Friederike Krieger

Die Unfallversicherung, die auch zahlt, wenn nichts passiert – mit vollmundigen Versprechen wirbt die Assekuranz für Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr. Doch die Policen sind nur auf den ersten Blick ein gutes Geschäft. Der Unfallversicherungsschutz ist dürftig, der Großteil der Prämien fließt in einen Sparvertrag.

Bei Unfallpolicen erhält der Kunde Leistungen, wenn er verunglückt und bleibende gesundheitliche Schäden davon trägt. „Bei der Variante mit Beitragsrückgewähr garantieren wir dem Kunden zudem bei Vertragsablauf die Rückzahlung der Beiträge“, sagt Allianz-Manager Ulrich Metzker, der bei dem Versicherer für das Unfallgeschäft zuständig ist.

Ermöglicht wird das durch einen an die Unfallversicherung gekoppelten Lebensversicherungsvertrag. Von den Beiträgen, die der Kunde einzahlt, legt der Versicherer nur einen kleinen Teil des Geldes zur Absicherung des Unfallrisikos zurück. Bei der Allianz sind das im Durchschnitt rund 20 Prozent der Beiträge. Der verbleibende Anteil fließt nach Abzug von Verwaltungs- und Vertriebskosten in eine Lebensversicherung.

Die Allianz verzinst diesen Sparanteil so, dass am Ende der Laufzeit – bei der Gesellschaft nach rund 15 Jahren – die Lebenspolice so viel erwirtschaftet hat, dass der Versicherer mindestens die eingezahlten Beiträge zurückzahlen kann. „Meistens springt noch etwas mehr heraus, weil wir den Kunden zusätzlich an den erwirtschafteten Überschüssen beteiligen“, sagt Metzker. Die Überschüsse sind im Gegensatz zur Rückzahlung der Beiträge allerdings nicht garantiert.

Im Jahr 2008 nahm die Assekuranz mit diesen Policen rund 1,6 Mrd. Euro an Prämien ein. Bei den klassischen Unfallversicherungen waren es 4,8 Mrd. Euro.

Als Zielgruppe haben die Versicherer unter anderem Eltern im Blick, die ihre Kinder vor den Folgen eines Unfalls schützen wollen. Wenn sie einen Vertrag für ihren Nachwuchs abschließen, könnte das Kind die Beitragsrückzahlung bei Vertragsablauf für Ausbildung, Studium oder die erste eigene Wohnung verwenden, erklärt ein Sprecher der R+V Versicherung, die ebenfalls diese Policen im Programm hat. „Zusätzlich wird auch dann die volle Leistung bei Vertragsablauf garantiert, wenn der Versicherungsnehmer – in der Regel Vater oder Mutter – stirbt und für den Vertrag keine Beitragszahlung mehr erfolgt“, sagt er.

Ein Wermutstropfen: Die Rückerstattung bezieht sich auf die Beiträge abzüglich der Versicherungsteuer. Sie beträgt bei diesen Verträgen 3,8 Prozent, weil nur der Unfallversicherungsanteil besteuert wird. Wenn der Kunde monatlich statt jährlich seine Beiträge überweist, berechnen die Versicherer oft einen Aufschlag bis zu sechs Prozent. Auch diese Mehrausgaben gibt es meist nicht zurück.

„Der eigentliche Haken an dem Produkt ist aber der Unfallversicherungsschutz, der häufig viel zu gering bemessen ist“, moniert Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Statt der eigentlich nötigen 200 000 bis 300 000 Euro Invaliditätssumme bieten die Policen mit Beitragsrückgewähr oft nur einen Schutz von 30 000 bis 40 000 Euro.

Die Beiträge sind hingegen um einiges höher als die normaler Unfallversicherungen. Bei der R+V kostet eine reine Unfallpolice für ein dreieinhalb Monate altes Kind mit einer Invaliditäts-Grundsumme von 50 000 Euro rund 170 Euro jährlich. Für den Vertrag mit Beitragsrückgewähr müssen die Eltern 1124 Euro im Jahr zahlen.

Die Verträge hätten zudem eine „gewisse Knebelwirkung“, kritisiert der Verbraucherschützer. Wenn den Eltern die Beiträge für die Police auf Dauer zu hoch seien, könnten sie die Sparkomponente nicht einfach abschalten und nur den Risikovertrag weiterführen. „Kündigen die Kunden den gesamten Vertrag in frühen Jahren, drohen ihnen hohe Stornokosten“, sagt Rudnik. Bei Lebensversicherungen werden die Abschlusskosten in den ersten fünf Jahren von den Einzahlungen des Kunden abgezogen. Trotz der drohenden Verluste rät Rudnik, sich von den Policen zu trennen. „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, sagt er. Nur wenn der Vertrag bald ausläuft und die Kunden sicher sind, dass sie durchhalten, sollten sie ihn weiterführen.

Die gekoppelten Verträge haben oft eine sehr lange Laufzeit. „20 Jahre oder länger sind keine Seltenheit“, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das verhindere den Wechsel zu einem anderen Anbieter, der eine bessere Leistung oder einen besseren Preis biete. Reine Unfallversicherungen laufen dagegen meist nur ein bis drei Jahre.

Die Kunden sollten lieber eine normale Unfallversicherung abschließen und ihr Geld separat investieren, rät Rudnik. „Wenn sie das Geld auf einem Tagesgeldkonto mit zwei Prozent Zinsen anlegen, haben sie die Prämien für den Unfallversicherungsschutz locker raus“, sagt er.

Quelle: Financial Times Deutschland


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