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Erschütterungen im Anlageportfolio

Posted By Friederike Krieger On 22. Oktober 2010 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Hohe Eigenkapitalanforderungen machen Aktien, Firmenanleihen und Pfandbriefeteuer

Friederike Krieger , Köln

Die künftigen EU-Eigenkapitalregeln behindern die Assekuranzen, wenn sie ihr Kapital in Aktien anlegen. „Solvency II benachteiligt Aktieninvestments“, sagt Carsten Zielke, Versicherungsexperte der französischen Société Générale. Hohe Eigenkapitalanforderungen machten Aktien unattraktiv.

Solvency II soll verhindern, dass Versicherer pleitegehen und Verpflichtungen gegenüber Kunden oder Geschädigten nicht mehr erfüllen können. Sie müssen auch für Risiken aus Kapitalanlagen Eigenmittel vorhalten. Je riskanter eine Investition, desto höher ihr Kapitalbedarf.

Für Aktien aus der EU und dem OECD-Raum müssen die Versicherer nach den derzeitigen Plänen zusätzlich zum Investmentbetrag 39 Prozent an Risikokapital vorhalten, bei Werten aus Schwellenländern sogar bis zu 49 Prozent. Je nachdem, wie sich die Aktienmärkte entwickelt haben, können die Kapitalanforderungen um maximal zehn Prozentpunkte herabgesetzt oder erhöht werden.

„Unter Eigenkapitalgesichtspunkten betrachtet, regt Solvency II in der jetzigen Form dazu an, möglichst wenig in Aktien und möglichst viel in Staatsanleihen zu investieren“, sagt Zielke. Bei Staatsanleihen ist zunächst keine Kapitalunterlegung erforderlich. Das gilt auch für Anleihen mit höherer Ausfallwahrscheinlichkeit, etwa Papieren aus Griechenland, Spanien oder Irland. Zielke findet das unsinnig. „Jeder weiß, dass diese Länder Probleme haben“, sagt der Société-Générale-Experte. „Diese Kreditrisiken werden bei Solvency II komplett ignoriert.“

Der Anreiz, wenig in Aktien zu investieren, sei mit Blick auf eine mögliche Inflation verheerend. „Um mich als Versicherer vor einer Inflation zu schützen, benötige ich Aktien und Immobilien“, erklärt Zielke. „Lang laufende Anleihen sind da nicht hilfreich.“ Auch für Immobilien müssen Versicherer 25 Prozent Eigenmittel binden.

Unternehmensanleihen kommen bei Solvency II nicht so gut weg wie Staatspapiere. „Für Firmenanleihen mit langen Laufzeiten müssen die Versicherer fast so viel Eigenkapital vorhalten wie für Aktien“, sagt Andreas Kalusche, Versicherungsexperte von JP Morgan Chase. Das belaste Hybridanleihen. „Nachrangige Anleihen gelten im gewissen Rahmen aufsichtsrechtlich als Eigenkapitalersatz, werden bei den Versicherern auf der Anlageseite aber de facto wie Aktien mit Kapital unterlegt“, sagt Kalusche.

Pfandbriefe seien mit ähnlichen Eigenkapitalanforderungen belastet wie Unternehmensanleihen. Kalusche erwartet, dass insbesondere Versicherer, die zurzeit zum ersten Mal an einer quantitativen Auswirkungsstudie zu Solvency II teilnehmen, sich aus diesen beiden Anlageklassen verabschieden werden.

Während Zielke von der Société Générale noch größere Änderungen bei den Solvency-II-Parametern erwartet, ist Kalusche nicht so optimistisch. Die grundsätzliche Ausrichtung habe sich seit Beginn des Jahres nicht wesentlich verändert. „Auf der Aktivseite wird nach jetziger Einschätzung höchstens noch an den Rändern gefeilt.“

Quelle: Financial Times Deutschland


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