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Reeder bangen um den Aufschwung

Posted By Patrick Hagen On 25. Oktober 2010 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Anzeichen für sinkende Charter- und Frachtpreise in der Containerschifffahrt// Schwaches Weihnachtsgeschäft

Patrick Hagen , Köln

Der Aufschwung in der Schifffahrt stockt schon wieder: Die Reeder richten sich auf fallende Charter- und Frachtpreise ein. Der Grund sind sinkende Ladungsvolumina im insgesamt schwachen Weihnachtsgeschäft. Dieser Saisonhöhepunkt der Branche ist in diesem Jahr deutlich früher als üblich zum Abschluss gekommen.

Die Containerschifffahrt war 2009 in eine ihrer tiefsten Krisen gerutscht, hatte sich zu Beginn dieses Jahres aber unerwartet schnell erholt. Nun deuten alle Indikatoren darauf hin, dass diese positive Entwicklung gebremst wird.

Die drohende Flaute trifft besonders Schiffseigner, die ihre Schiffe an Linienreedereien verchartern, also vermieten. Viele von ihnen verdienen trotz des Aufschwungs nicht genug, um ihre Kosten inklusive des Schuldendiensts an die Banken zu decken. Unter den Eignern sind auch viele geschlossene Fonds, über die Privatanleger in die Containerschifffahrt investiert haben. Da es weniger Ladung zu transportieren gibt, haben die Linien reduzierten Bedarf an Charterschiffen.

Das nachlassende Geschäft wird auch in der Bilanz von Deutschlands größter Containerreederei Hapag-Lloyd Spuren hinterlassen. Bisher profitierte das Unternehmen stark von der Erholung der Märkte, nachdem es im vergangenen Jahr kurz vor der Pleite stand. Sollte die Marktlage sich nun deutlich verschlechtern, bedeutet das ein Problem für Haupteigner TUI. Der Konzern möchte sich gern von seiner Beteiligung an der Reederei trennen.

Die negativen Aussichten für die Branche spiegelt der Charterratenindex der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten wider. Seit Mitte September ist der Index von 601 auf zuletzt 579 Punkte gefallen. Ein Schiffsmakler schätzt, dass die Raten bis Jahresende im Schnitt um zehn bis 15 Prozent nachgeben werden.

Reedereien wie Hapag-Lloyd oder Maersk Line haben schon die Frequenz einiger ihrer regelmäßigen Dienste reduziert. Weltmarktführer Maersk hat angekündigt, auf der Hauptroute zwischen Asien und Europa zehn Prozent der Transportkapazität aus dem Markt zu nehmen. Die Umschlagszahlen der großen Containerhäfen in Asien belegen den derzeitigen Abwärtstrend. Die Zahl der umgeladenen Boxen ging dem Analysedienst Alphaliner zufolge im September in den neun größten Häfen der Welt zurück.

Die Schwächephase im Containerverkehr kommt zwar nicht völlig unerwartet. Das vierte Quartal ist in der Containerschifffahrt üblicherweise das schwächste. Sobald das Weihnachtsgeschäft beendet ist, gehen die Transportvolumina zurück. Aber dieses Jahr war das nach Angaben von Schiffsmaklern ungewöhnlich früh der Fall. „Wir alle wussten, dass es so kommt, aber es ist vier Wochen früher passiert als üblich“, sagte einer. Hinzu kommt: Die Kapazitäten werden nicht nur wegen des Winterlochs reduziert. Auch tief greifende Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Wirtschaft in Europa und den USA spielt eine Rolle.

Mittelfristig erwarten die meisten der Schiffsmakler in Hamburg, wo ein Großteil der weltweiten Containertonnage vermittelt wird, dass es nach dem chinesischen Neujahr im Frühjahr 2011 wieder aufwärts geht. „Auf mittlere Sicht befinden wir uns immer noch in einem steigenden Markt“, sagte ein Schiffsmakler. Dass es so kommt, ist in der Branche allerdings umstritten: Maersk etwa geht davon aus, nach dem chinesischen Neujahr erneut Kapazität aus dem Markt zu nehmen. Und was der Konzern ankündigt, hat in der Schifffahrt Gewicht.

Quelle: Financial Times Deutschland


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