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Autoversicherer reden Trendwende herbei

Posted By Anja Krüger On 22. Juli 2011 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Kfz-Sparte lechzt nach Preiserhöhungen // Versicherungstechnischer Verlusterreicht aber 2011 wieder Milliardenhöhe

Die deutschen Versicherer rufen die Trendwende in der Kfz-Sparte aus – mal wieder. Nach Hochrechungen auf Grundlage des ersten Halbjahrs erwartet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vergleichsweise starke Beitragssteigerungen. Aber in die Gewinnzone werden die meisten Anbieter auch damit nicht kommen.

Bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit beschwören die Manager der Versicherer die Umkehr der Preisentwicklung hin zu steigenden Prämien in der arg gebeutelten Kfz-Sparte. Dieses Mal ist die Halbjahresbilanz der Schaden- und Unfallversicherer der Anlass. „In der Kraftfahrtversicherung ist nach sieben Jahren die Trendwende vollzogen“, teilt der GDV mit. Immerhin ist man sich in der Berliner Wilhelmstraße darüber im Klaren, dass so mancher ein Fragezeichen hinter diesen Satz setzen würde. „Da schwingt auch eine leichte Hoffnung mit“, räumt eine Sprecherin des GDV ein.

Diese Hoffnung wird von der Tatsache genährt, dass bei den im ersten Halbjahr 2011 geschlossenen Kfz-Verträgen die Prämien im Schnitt um ein bis zwei Prozent gestiegen sind. Dabei handelt es sich vor allem um Neuzulassungen. Das große Geschäft läuft erst im zweiten Halbjahr. Anders als bei den meisten anderen Versicherungen können Kfz-Policen jährlich gekündigt werden, meistens zum 31. Dezember. Die Versicherer versuchen mit großen Werbefeldzügen im Herbst neue Kunden zu gewinnen. Manche Anbieter erhöhen im Frühling die Preise und senken sie im Herbst wieder. Hintergrund solcher Tricks ist der seit Jahren andauernde harte Preiskrieg. Zur Attacke geblasen hatte 2004 die Allianz, die ihren Marktanteil ausbauen wollte. Allerdings musste der Münchner Versicherer die Marktführerschaft mittlerweile an die HUK-Coburg abgeben. Die Versicherer versuchen, sich mit neuen Konzepten dem Preisverfall entgegen zu stemmen. Im Trend liegen Policen nach dem Baukastenprinzip, bei denen Kunden einzelne Leistungen zu- oder abwählen. Das erschwert Preisvergleiche.

Der GDV schätzt, dass die Beitragseinnahmen in der Kfz-Versicherung 2011 um 3,4 Prozent auf 20,9 Mrd. Euro wachsen, mit Steigerungen in allen Untersparten. 2010 stagnierten die Beiträge in der Haftpflichtversicherung, in der Teilkasko waren sie leicht gesunken und in der Vollkasko leicht gestiegen. Das prognostizierte Wachstum wird aber nicht ausreichen, um Gewinn zu erwirtschaften, sagt der Branchenverband. Prämieneinnahmen und Ausgaben für Schäden und Kosten gegeneinander aufgerechnet, haben die Kfz-Versicherer im vergangenen Jahr 1,5 Mrd. Euro Verlust eingefahren.

Für dieses Jahr erwartet der GDV einen versicherungstechnischen Verlust für die Sparte von weiterhin stolzen 1,1 Mrd. Euro. Sorge macht den Unternehmen die Entwicklung der Schäden. Im ersten Halbjahr haben sie unter dem langen Winter gelitten. Streugut auf den Straßen hat viele Glasbruchschäden verursacht, was die Kaskoversicherer stark belastet. Die Schaden-Kosten-Quote in der Vollkaskoversicherung wird nach der Prognose des GDV auch 2011 bei 113 Prozent liegen. Das heißt, die Versicherer zahlen auf jeden Prämien-Euro 13 Cent obendrauf.

Nicht alle Gesellschaften können rote Zahlen mit Kapitalerträgen ausgleichen. Aber: Es gibt durchaus noch Anbieter, die gut mit Kfz-Policen verdienen. Und für die gibt es keinen Grund, durch Preiserhöhungen ihre Position in Rankings und Internet-Vergleichsportalen aufs Spiel zu setzen. Gerade die Vergleichsportale im Netz schaffen für Verbraucher eine bislang nie dagewesene Markttransparenz, die Preiserhöhungen heute sehr viel schwerer macht als in der Vergangenheit.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland


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