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Blindflug

Posted By Anja Krüger On 11. Oktober 2011 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Internetportale geben Autohaltern einen Überblick über günstigeVersicherungstarife – aber keinen vollständigen

Pünktlich zum Auftakt der Wechselsaison in der Kfz-Versicherung hat das neue Preisvergleichsportal Transparo.de einen Werbefeldzug gestartet. Die Konkurrenz will bald folgen. Auf allen Kanälen attackiert Transparo die Wettbewerber: Viele Vergleichsportale böten 50 Prozent der günstigsten Angebote nicht an, heißt es. „Deshalb gibt es jetzt Transparo“, sagt die Stimme in der Fernsehwerbung. Aber: Auch dieses Portal zeigt genauso wenig wie die anderen den ganzen Markt. Das Portal gehört mehrheitlich den Versicherern HUK-Coburg, der Talanx-Tochter HDI-Gerling und der Versicherungsgruppe WGV. Die Anbieter sorgen systematisch dafür, dass die Preise im Internet immer undurchsichtiger werden.

Die meisten Autopolicen sind zum Jahresende mit einer Frist von vier Wochen kündbar, Stichtag ist der 30. November. Erhöht der Versicherer die Prämie, kann der Kunde im Dezember noch wechseln. Angebote für eine Police einzuholen ist wegen der vielen erforderlichen Angaben mühselig. Seit es im Internet Portale wie Check24, Aspect Online, Toptarif, Geld.de oder Financescout für den Preisvergleich gibt, haben es Autobesitzer leichter. Sie können mit einer Eingabe viele verschiedene Tarife vergleichen – aber eben nicht alle.

Mit mehr als 450 000 im vergangenen Jahr vermittelten Verträgen ist Check24 Marktführer, gefolgt von Aspect Online mit 80 000 Verträgen. Im Sommer haben sich HUK-Coburg und Partner bei dem Zweitplatzierten mit dem Ziel eingekauft, die Marktmacht des von der Assekuranz unabhängigen Portals Check24 zu brechen. „Wir wollen stärker werden als Check24“, sagt Wolfgang Schütz, Vorstand von Aspect Online, unter dessen Dach auch die Marke Transparo läuft. Die Marktführerschaft ist das Entscheidende. Denn Autohalter werden aus Bequemlichkeit keine Preisvergleiche auf mehreren Portalen einholen – obwohl das sinnvoll ist.

Für Kunden ist dagegen entscheidend, dass sie sich einen guten Überblick verschaffen können. Aber die Versicherer torpedieren das. Die Allianz ist bei Transparo ausgestiegen, HUK-Coburg bei Check24. Eine ganze Reihe von Versicherern sind nur bei einem der Portale, manche lassen nicht alle Tarife listen. Eine Alternative zu einem Abschluss über diese Portale sind unabhängige Vergleichsportale, die ausschließlich informieren. Dazu gehört Nafi, ein Datendienstleister für die Branche, der seine Informationen Verbrauchern kostenlos zur Verfügung stellt.

Ein Abschluss ist über Nafi jedoch nicht möglich. Genau darum geht es aber bei Portalen wie Check24 oder Transparo. Sie erhalten eine Provision, die zwischen 60 und 100 Euro liegt, wenn ein Kunde über sie eine Police abschließt. Um die Akzeptanz zu erhöhen, listen Portale zwar auch Anbieter, mit denen sie keine Vertriebsvereinbarung haben. Oft aber ohne Preisangabe und ohne die Möglichkeit, direkt einen Vertrag abzuschließen. „Wir zeigen alle 96 am Markt befindlichen Versicherer in unserem Vergleich an“, sagt ein Check24-Sprecher. Den Preis können Nutzer von 55 Anbietern sehen. Transparo hat mit 49 Anbietern eine Vertriebsvereinbarung.

Zudem gibt es den Vorwurf, Portale würden wegen der Provisionen Angebote bevorzugen. „Unser Programm hat als einziges Sortierkriterium den Preis“, sagt der Sprecher von Check24. Mit der „Tiefstpreisgarantie“ verspricht Check24, dass es das Angebot nirgendwo billiger gibt. Auch Transparo gibt eine Tiefpreisgarantie. Ein Blick ins Impressum zeigt einen wichtigen Unterschied: Check24 ist als Makler registriert, Transparo als Mehrfachagent, also als Vertreter für mehrere Versicherer. Der Gesetzgeber definiert Makler als diejenigen, die im Interesse und Auftrag des Kunden tätig sind. Vertreter dagegen sind nur ihrem Unternehmen verpflichtet. Viele Versicherer betrachten die Portale mit Skepsis. Sie fürchten den Verlust ihres Markenwerts. VHV verkauft über Makler, ist aber in Portalen gelistet. „Wir sind für völlige Preis- und Leistungstransparenz“, sagt Vertriebschef Jürgen Junker. Den Vertrag abschließen soll der Kunde aber nach seiner Auffassung besser beim Vermittler. „Der Makler berät den Kunden“, sagt er. Außerdem sei es von Vorteil, wenn der Kunde im Schadenfall einen Ansprechpartner habe.

Informationen zu den Verträgen gibt es auch bei den Vergleichsportalen. Sie haben Hotlines, an denen Versicherungskaufleute sitzen.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland


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