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Erste Costa-Passagiere melden Versicherern Schäden

Posted By Patrick Hagen On 17. Januar 2012 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Reiseveranstalter müssen nach einer Schiffshavarie nur eingeschränkt haften.Geschädigte sollten private Policen in Anspruch nehmen

Anja Krüger und Patrick Hagen

Noch ist unklar, wie hoch der Gesamtschaden ist, den der Unfall der „Costa Concordia“ vor der italienischen Küste verursacht hat. Die geretteten Passagiere allerdings wissen, was sie verloren haben. Beim Versicherer Allianz sind die ersten Schadensmeldungen von Kreuzfahrtreisenden eingegangen – nicht nur in der Abteilung Gepäck-, sondern auch bei der Rechtsschutzversicherung. „Der Kunde will wissen, welche Schadensersatzansprüche er stellen kann“, sagt eine Allianz-Sprecherin. Der Versicherer hat dem Kunden einen italienischen Anwalt vermittelt. Den wird der havarierte Urlauber brauchen. Denn die Klärung von Schadensersatzansprüchen ist kompliziert und langwierig. Das gilt vor allem für Schwerverletzte mit bleibenden Gesundheitsstörungen und Angehörige von Todesopfern.

Vergleichsweise übersichtlich ist die Lage bei Sachschäden. Ist die Rolex oder der teure Schmuck verloren gegangen, haben Passagiere vom Reiseveranstalter eher wenig zu erwarten. „Reiseveranstalter können die Haftung beschränken“, sagt Kapitän Olaf Fölsch, Leiter des Bereichs Schifffahrt beim Versicherungsgroßmakler Aon. „Üblich ist eine Beschränkung der Haftung auf den dreifachen Reisepreis.“ In der Regel müssen die Geschädigten ihren Schaden nachweisen. Es kommt aber auch vor, dass Veranstalter die Entschädigung pauschal vornehmen. Aber bei großen Schiffsunglücken bekommen Geschädigte möglicherweise den dreifachen Reisepreis nicht erstattet. Denn Reeder können ihre Haftung beschränken. Dafür ist ein kompliziertes Verfahren nach einem internationalen Abkommen erforderlich. Es wird angewandt, wenn die Haftungsansprüche größer sind als die Summe, die für ihre Erfüllung zur Verfügung steht. Die Veranstalter wiesen Passagiere auf die Haftungsbeschränkung in der Regel hin, sagt Fölsch. Haben Kunden daraufhin eine Gepäck- und private Unfallversicherung abgeschlossen, sollten sie die auch in Anspruch nehmen, empfiehlt er.

„Ein Schiffsunglück ist ein klassischer Fall für die Gepäckversicherung“, sagt eine Sprecherin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). In den Augen vieler Verbraucherschützer sind diese Policen wenig sinnvoll, weil die Bedingungen sehr hart sind. Urlauber müssen so wachsam sein, dass kaum etwas verloren gehen kann. Im Falle einer Schiffshavarie ist die Sache aber völlig klar. „Es genügt, wenn der Geschädigte dem Versicherer eine Liste mit den verlorenen Gegenständen gibt“, sagt die Sprecherin. Wer viele hochwertige Kleidungsstücke und teure Accessoires hat, ist mit einer marktüblichen Gepäckversicherung aber möglicherweise unterversichert.

Die Musterbedingungen des GDV sehen außerdem eine Reihe von Ausschlüssen vor, die erfahrungsgemäß von vielen Anbietern übernommen werden. Bargeld wird danach nicht erstattet, auch die Kosten für ein neues Hörgerät oder eine Prothese nicht. Und die Rolex oder das Collier sind eher unterversichert. Denn „Schmucksachen und Kostbarkeiten“ sind in der Regel nur mit einem festgelegten Prozentsatz gedeckt. „Sind Armbanduhren, Schmuck oder Pelze mit einer speziellen Police versichert, werden sie ersetzt“, sagt die Allianz-Sprecherin. Hier gelte das Allgefahrenprinzip.

Gehen Schlüssel in den Fluten verloren, wird die Sache kompliziert. Die Gepäckversicherung kommt nur für das Herstellen von Nachschlüsseln auf. Hausrat- und Kfz-Kasko bleiben bei Folgekosten wie Einbau neuer Schließanlagen ebenfalls außen vor. Bei Wohn- und Autoschutzbriefen haben Geschädigte aber die Chancen, unter bestimmten Umstände die Kosten für das Aufbrechen der Türe oder das Rückholen des Wagens erstattet zu bekommen.

Quelle: Financial Times Deutschland


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