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Posted By Katrin Berkenkopf On 8. Februar 2012 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Versicherer brauchen die umfassende Sicht auf ihre Kunden und Verträge. DieZentralisierung von Daten bietet noch ungenutzte Möglichkeiten

Die zentrale und schnelle Verfügbarkeit von Kundendaten wird für die Versicherungsunternehmen immer wichtiger. Dies stellt nicht nur hohe Anforderungen an die IT, sondern öffnet auch neue Vertriebspotenziale.

„Der Kunde erwartet heute bei einem Anruf, dass er umfassende Beratung bekommt und wir über seine Verträge Bescheid wissen“, erklärt Andreas Nolte, IT-Chef der Allianz Deutschland. Vor 2006 war dies für den Marktführer kaum zu erfüllen: Der Versicherer war in separaten Sparten aufgestellt. „Da sahen sogar die Briefe und Policen unterschiedlich aus, das führte natürlich zu Irritationen.“ Das änderte sich mit der spartenübergreifenden Neuaufstellung als Allianz Deutschland, die mit dem Verlust vieler Jobs verbunden war. Der Versicherer nutzte die Einführung eines neuen Verwaltungssystems, um eine zentrale Kundendatei mit den wichtigsten Daten anzulegen. Im zweiten Schritt füllte das Unternehmen das System mit Verträgen.

„Dieser Prozess hatte eine extrem hohe strategische Bedeutung für uns“, sagt Nolte. Damals richtete die Allianz auch das neue Scan-Zentrum in Berlin ein, das rund 30 Millionen Briefe im Jahr digital erfasst. „Was wir getan haben, war führend in der Branche“, sagt Ralph Seitz, Leiter Betriebsorganisation der Allianz Deutschland. „Wir haben die Arbeitsprozesse komplett digitalisiert. Digitalisierung ist eine wesentliche Voraussetzung für Geschwindigkeit und Transparenz im Unternehmen.“ Auch die Vermittler sähen die Vorteile und die Notwendigkeit eines solchen Systemwechsels, sagt Seitz.

Richtig mitgenommen hat die Allianz die Vermittler aber offenbar nicht. Nicola Füllgraf, Partnerin bei IBM Consulting, hat Skepsis bei den Vertriebsleuten beobachtet. „Die Vermittler müssen bei einem solchen Paradigmenwechsel frühzeitig mitgenommen werden, um eine hohe Akzeptanz aufzubauen und zu sichern.“

Wenn heute neue Vertriebssysteme eingerichtet werden, sind sie meist offen für die verschiedenen beteiligten Gruppen. Sowohl der Ausschließlichkeitsvertreter, der kooperierende Bankvermittler als auch der Kunde selbst können über ein Portal jederzeit zumindest einen Teil der Daten einsehen. Bei den Vertriebssystemen gibt es viele Eigenentwicklungen der Versicherer. „Das liegt daran, dass der Vertrieb für sie ein zentrales Differenzierungsmerkmal ist“, erklärt Füllgraf. Der Wunsch, den Kunden als Ganzes zu sehen, sei das Ziel für den Aufbau der Datenlager und neuer Vertriebssysteme. „Bei beiden gibt es den Trend zur Zentralisierung in dem Sinne, dass die Daten online verfügbar und jederzeit abrufbar sind“, sagt sie.

Das erfülle die Wünsche der Kunden und biete auch dem Vertrieb neue Möglichkeiten. „Es ist viel einfacher, etwa automatisierte Hinweise an Vermittler zu versenden, dass ein guter Kunde länger nicht mehr besucht wurde, oder dass ein anderer gemäß seinen Interessen über ein neues Vorsorgeprodukt informiert werden sollte.“

Bei der Zentralisierung von Daten gebe es aber Grenzen, sagt IBM-Expertin Füllgraf. „Wir arbeiten an der 360-Grad-Sicht auf den Kunden, aber das wird nicht an allen Stellen gelingen.“ So sei es beim Bankenvertrieb aus Datenschutzgründen nicht machbar, alle Informationen zusammenzuführen. Wichtig sei es deshalb für die Unternehmen, erst einmal zu realisieren, welche Daten schon vorhanden sind. „Die Versicherer haben eine Fülle von Informationen über die Kunden und nutzen diese noch nicht optimal.“

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland


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